Kommentar Mediencharta: Unsensible Formulierungen
Niedersachsens Sozialministerin wollte einen runden Tisch zum Thema Integration. Durch eine anmaßend formulierte Einladung verprellte sie die Gäste schon vorab.
U ngeschickt war das schon. An einen "runden Tisch" wollte Niedersachsens Sozialministerin die führenden Medien ihres Bundeslandes laden, um mit ihnen über Fragen der Integration zu reden. Doch die Einladung an Verlage und Chefredakteure war so missverständlich formuliert, dass sie bei vielen Adressaten für helle Aufregung sorgte: Sie las sich, als wollte Özkan ihre Gäste schon vorab auf eine konkrete Agenda verpflichten. Das empfanden viele Journalisten zu Recht als unsensibel und anmaßend.
Schade ist es trotzdem um Özkans gut gemeinten, aber schlecht eingefädelten Versuch, mit den Medien ihres Landes über Standards in der Berichterstattung über Migranten ins Gespräch zu kommen. Grund genug gäbe es sicher auch für die Medien in Niedersachsen, sich einmal darüber zu verständigen, was sie unter einer "kultursensiblen Sprache" verstehen und wie sie ihre "interkulturelle Kompetenz" verbessern könnten.
Es ist ja nicht so, dass hier alles schon in bester Ordnung wäre. Journalisten mit Migrationshintergrund kann man in vielen Redaktionen noch immer mit der Lupe suchen. Und die Art und Weise, in der manche deutsche Medien über Migranten berichten, grenzt zuweilen an Denunziation.
Daniel Bax ist Meinungsredakteur der taz.
Die neuerliche Kontroverse um Özkan zeigt aber auch, wie misstrauisch die erste türkischstämmige Ministerin aufgrund ihrer Herkunft beäugt wird. Fraglich, ob ihr Schreiben solche Reflexe ausgelöst hätte, wenn es von der Bundesbeauftragten für Migration, Maria Böhmer, gekommen wäre.
Völlig übergeschnappt reagierte jedenfalls Ralph Giordano, der Özkans Idee einer "Mediencharta" mit der zwangsweisen "Gleichschaltung" der deutschen Presse durch die Nazis verglich. Giordano müsste wissen, wofür der Begriff steht. Mit seinem Vokabular aber hat er sich aus jeder ernsthaften Debatte verabschiedet.
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