Kommentar Mautpläne: Minister im Rückwärtsgang
Alexander Dobrindt selbst zweifelt am Erfolg seiner Maut. Jetzt schiebt er die Verantwortung an den EuGH in Luxemburg ab.
S age noch einer, Brüssel habe keine Macht. Zwar gelingt es den Chefeuropäern bislang nicht, einen modernisierungsunwilligen Pleitestaat zum Einlenken zu bewegen – aber den deutschen Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) aus Bayern lassen sie ziemlich alt aussehen. Die EU-Kommission leitet ein Vertragsverletzungsverfahren in Sachen Pkw-Maut ein, und schon legt Dobrindt sein umstrittenes Vorhaben auf Eis.
Der ungewöhnliche Vorgang zeigt: Dobrindt selbst zweifelt am Erfolg seiner Maut. Wäre er sich sicher, könnte er die Maut einführen – und ruhig etwaige Gerichtsprozesse abwarten.
So läuft es ja normalerweise: Das Parlament verabschiedet ein Gesetz, und die Regierung setzt es um, so umstritten es auch sein mag. Zweifler mögen dann vor Gericht ziehen – aber erst einmal gilt es. Anders bei der europarechtlich fragwürdigen Maut: Aus Angst, letztlich vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg zu unterliegen, legt Dobrindt jetzt den Rückwärtsgang ein.
Natürlich könnte Dobrindt nun die Mautpläne komplett zurückziehen, wie es die Opposition bereits fordert. Aber das tut er nicht, aus einem einfachen Grund. Es wäre ein Zeichen von Schwäche, so lange auf dem falschen Dampfer gewesen zu sein. Deshalb schiebt Dobrindt nun die Verantwortung nach Luxemburg. So gewinnt er Zeit – so viel, dass eine künftige Bundesregierung das Projekt klammheimlich beerdigen kann.
Bleibt er im Amt, gibt es zwei Optionen: Entweder das Gericht billigt die Maut, dann steht Dobrindt als Sieger da. Oder das Gericht kippt die Pläne, was wahrscheinlicher ist, dann kann Dobrindt die Schuld am Scheitern von sich weisen. Seine Hoffnung: Die Mautgegner könnten dann über das Ende des Spuks so glücklich sein, dass niemand mehr daran denkt, wer das Ganze auf den Weg gebracht hatte.
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