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Kommentar Markus Söders MissgriffeDie Arroganz der Staatspartei

Andreas Rüttenauer
Kommentar von Andreas Rüttenauer

Söder verscheucht seine eigenen Wähler. Erst schlug er sie mit dem Kreuz-in-den-Amtsstuben. Und jetzt schreckt er sie mit dem Polizeigesetz auf.

Markus Söder macht jetzt Politik – und sinkt in der Wählergunst Foto: dpa

E s war ein kurzer Frühling für die CSU. Noch vor einem Monat hatte es eine Umfrage gegeben, die der Partei des gerade gekürten Ministerpräsidenten Markus Söder Hoffnung gab, die absolute Mehrheit bei den Landtagswahlen im Oktober vielleicht doch verteidigen zu können. Doch dann wurden aus den vom Meinungsforschungsinstitut Mitte April errechneten 44,5 Prozent im Mai 42,1 Prozent.

Was ist da passiert? Ganz einfach: Markus Söder und seine Getreuen haben angefangen, Politik zu machen.

Die im Heimatrausch beschlossene Kreuzpflicht für bayerische Behörden sollte so etwas wie ein Befreiungsschlag sein. Der wurde versemmelt. Die Christen, ob Katholiken oder Protestanten, waren sauer, weil für sie das Kreuz mehr ist als ein Symbol für die kulturelle Identität Bayerns. Für Nichtchristen war die Entscheidung eh ein Tritt in den Hintern. Es war der hilflose Versuch, mal irgendetwas Konservatives zu entscheiden.

Am Dienstag soll nun ein neues Polizeiaufgabengesetz im Landtag verabschiedet werden. Gegen diese massive Ausweitung der Polizeibefugnisse in Bayern sind am Himmelfahrtstag in München 40.000 Menschen auf die Straße gegangen. Diesen Menschen wird mit einer Arroganz begegnet, die man gut kennt in Bayern. Es ist die Arroganz der Staatspartei gegenüber der kritischen Bevölkerung. Wer einst gegen die atomare Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf demonstriert hat, wird sich erinnern, wie sie sich anfühlt.

Doch der Habitus einer Partei, die immer noch glaubt, ihr stehe das Recht auf ewige Alleinherrschaft zu, ist einfach nur peinlich in Zeiten sinkender Zustimmung zum Prinzip CSU in Bayern. So sagt Innenminister Joachim Herrmann, die Argumente derer, die gegen ausufernde Polizeikompetenzen auf die Straße gehen, seien das Produkt von Lügenpropaganda. Und Ministerpräsident Söder will seiner Bevölkerung nach Verabschiedung des Gesetzes das Ganze noch einmal erklären; wahrscheinlich so lange, bis wirklich alle kapiert haben, dass die Partei immer recht hat. Wer die Trump’sche Fake-News-Keule schwingt oder seinem Staatsvolk schlicht jeden Intellekt abspricht, riskiert das Ende dessen, was man gemeinhin freiheitliche Demokratie nennt.

Auf 12 Prozent kommt die AfD in der jüngsten Civey-Umfrage. Deren Fans haben sich längst von dieser Idee der Freiheit abgewendet. Die CSU tut nicht nur in der Flüchtlingspolitik beinahe alles, um der AfD zu folgen. Sie riskiert den demokratischen Grundkonsens. Dass sie dafür mit dem Verlust der absoluten Mehrheit bestraft werden könnte, ist da durchaus eine gute Nachricht.

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Andreas Rüttenauer
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8 Kommentare

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  • Warten wir's ab: Mist was, das Geschmeiß magnetisch anzieht...

    In Polen, Ungarn, Tschechien, Österreich, Holland... haben Dumpfbacken wie Söder Erfolg - in Bayern ja schon lange....

  • Ich finde Kritik an unserer bayrischen CSU, an Markus Söder und der neu entfachten Arroganz der Staatspartei gegenüber der Bevölkerung für richtig und wichtig.

    Aber bei der ganzen Kritik gegenüber der CSU, muss man sich doch fragen, wieso die CSU trotz einer solchen desolaten Politik, dennoch eine Zustimmung von 42% bis 48% - je nach Umfrageinstitut – bekommt.

     

    Die Antwort liegt auf der Hand. Es ist die Katastrophen-SPD, die Politiker an der Landes und Bundesspitze präsentiert, die in den letzten 15 Jahren stets nach der Wahl das Gegenteil davon machten, was sie vor der Wahl den Bürgern zusicherten.

    Die CDU/CSU lebt nicht von der eigenen Stärke, sondern von der brutalen Schwäche des politischen Gegners. So liegt die SPD in aktuellen Umfragen bei 12% und liegt somit lt. Fokus sogar hinter der AfD in Bayern. Da kann es einem nur noch schlecht und übel werden.

  • Was soll all das Gerede und Gerechne, egal was sich die CSU erlaubt, solange sie mit der Schwester CDU in Bundesmacht steht, wählt der Bayer treu die Polterer. Wer hat sonst schon einen landeseigenen Bundesverkehrsminister. Erst wir und dann die 15 Anderen. Sie wird vielleicht mal um ein paar Prozent abgestraft, oder wenn sie es gar zu bunt treibt, um die absolute Mehrheit gebracht, aber am eigentlichen Konstrukt ändert sich nie etwas.

    Wird nur gelingen, wenn wir sie in eine Ecke drängen, die sie so Ausfällig werden lässt, dass die Schwestern sich trennen. Erst dann werden die Karten neu gemischt.

  • sehen wir es mal positiv... mit der AFD will keiner koalieren und jedes Prozent das die dem schwazen Block abjagen, stärkt die Oposition. Wäre ich SPD würde ich mal anfangen Allianzen zu schmieden... z.B. mit den freien Wählern und oder Grünen.

     

    Eine andere Politik funktioniert nur mit einer festen Mauer gegen die CSU... in der Regierung!

  • Vorbild Trump?

    ...

  • Abwarten. Das sind nur zwei Prozent in irgendeiner Umfrage.

    • @R. R.:

      Es sind aber NICHT plus 6%.

       

      Das ist schlimm, wenn man bedenkt, dass nicht mehr viel Pulver übrig ist.

      Innere Sicherheit zieht aktuell nicht.

      Kopftuch geht immer - und dann?

       

      Arme CSU.

      • @Sonntagssegler:

        Absolute Mehrheit bezieht sich hier aber auf die Landtagssitze, nicht das gesamte Wahlergebnis. Um eine absolute Mehrheit im Landtag zu bekommen, reicht u.U. auch eine einfache solche - jedenfalls solange es noch Prozenthürden gibt.