piwik no script img

Kommentar MaliJetzt den Staat neu gründen

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Die Malier haben für den Frieden gewählt, für einen starken Mann, der von allen akzeptiert wird. Jetzt braucht das Land einen politischen Dialog.

Wartet auf Anerkennung: Boubacar Keita. Bild: ap

J eder weiß, dass die Präsidentschaftswahlen in Mali viel zu früh kamen: Das Land ist noch nicht komplett befriedet, Hunderttausende Flüchtlinge und Vertriebene leben nicht dort, wo sie wahlberechtigt sind, der Frieden mit den Tuareg-Rebellen im Norden ist noch brüchig und die Rolle der putschfreudigen Armee im Süden noch ungeklärt.

Dass dennoch schon ein halbes Jahr nach der französischen Rückeroberung Nordmalis gewählt wurde, hatte einen profanen Grund: Erst eine gewählte Regierung kann die Milliarden Hilfsgelder in Empfang nehmen, die die internationale Gemeinschaft für den Wiederaufbau in Aussicht gestellt hat.

Streng genommen also sollte der neue Präsident Ibrahim Boubacar Keita (kurz IBK) sein Mandat als Übergangsmandat betrachten, das dazu dient, mit der reichlichen internationalen Hilfe die Fundamente für ein neues, stabiles malisches Staatswesen zu legen. IBK sollte sich hüten, seinen Wahlsieg als plumpe Bestätigung seiner politischen Ideen auszulegen.

Die Malier haben jetzt einfach für den Frieden gewählt, für einen starken Mann, den sowohl die Militärs als auch die Tuareg-Rebellen akzeptieren und dem sie genug Initiative zutrauen, das Land jetzt nach vorn zu bringen und im Notfall für Ruhe zu sorgen.

Mali kehrt mit diesen Wahlen nicht zum „business as usual“ zurück. Wenn Wahlen allein Malis Probleme lösen würden, hätte Mali keine Probleme, denn kaum ein Land Afrikas hat in den letzten zwanzig Jahren so regelmäßige und unspektakuläre Wahlen abgehalten. Mali braucht jetzt dringend einen Dialog zwischen allen politischen Kräften, um die strukturellen Probleme des Landes zu lösen und die Versöhnung zwischen den Bürgerkriegsparteien im Norden und den verfeindeten politischen Kräften in der Hauptstadt Bamako voranzubringen.

Die internationalen Partner sollten zur Verfügung stehen, um einen solchen Dialogprozess zu fördern.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
Themen #Mali
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!