Kommentar Macrons Flüchtlingspolitik: Repression auf die sanfte Tour
Die Asylpolitik des französischen Präsidenten gibt sich human und modern. Tatsächlich wird sie aber zusehends repressiver.
I n den Reihen von Präsident Macrons Partei „En marche“ wächst die Sorge über eine erneut bevorstehende Revision der französischen Immigrations- und Asylgesetzgebung. Zwei Zirkulare des Innenminister geben bereits einen Vorgeschmack und lassen bei den vor Ort tätigen Mitgliedern der Hilfswerke die Haare sträuben. Denn neu sollen Beamte der Migrationsbehörden und der Polizei in Notunterkünften und Flüchtlingsheimen Kontrollen vornehmen dürfen. Das aber ist nach geltendem Recht heute nicht zulässig und stößt auf entschiedene Ablehnung bei den Heimleitungen.
Die Absicht dahinter ist klar: Wer keine gültigen Papiere hat und sich illegal in Frankreich aufhält, soll registriert und danach ohne Umstände abgeschoben werden. Was weniger offen gesagt, aber laut den Hilfswerken immer wieder vorkommt, ist eine gnadenlose Abschreckung von möglichen Asylanwärtern, die gar nicht erst bis zur Einreichung eines Gesuchs kommen sollen. Auch sind die Fristen der Behandlung oft unmenschlich lang. Zwischen der Realität für die Geflüchteten und der Logik der Administration klafft ein tiefer Graben.
Davon wollte Macron in Calais nichts wissen. Er mahnte sogar die Polizisten, sich gegenüber den Migranten, die immer noch im Flaschenhals am Ärmelkanal stranden, stets korrekt zu verhalten. Gleichzeitig aber sollen sie mit aller Entschlossenheit die Entstehung neuer Camps im Stil des früheren „Dschungels“ verhindern und im Interesse der lokalen Bevölkerung für Sicherheit und Ordnung zu sorgen.
Der Präsident gibt damit den verunsicherten Ordnungshütern ziemlich gegensätzliche Order. Und der Verdacht liegt nahe, dass diese Mahnung zu Repression auf die humane oder sanfte Tour mehr für die Medien und die Kritiker seiner Politik bestimmt war. Denn zum ersten Mal könnten die in seinem Namen gewählten Abgeordneten eine Regierungsvorlage nicht einfach durchwinken, sondern im Sinne der Tradition der Menschenrechte korrigieren.
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