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Kommentar Luftverschmutzung in MadridNur die Hälfte der PKWs fährt

Reiner Wandler
Kommentar von Reiner Wandler

„Ideologisch“ nennen konservative Politiker das Madrider Fahrverbot. Dabei sterben dort jährlich 2.000 Menschen an schlechter Atemluft.

Heute fahren die Autos mit ungeraden Nummernschildern, morgen die geraden Foto: imago/robertharding

M adrid prescht vor. Erstmals schränkt eine spanische Stadt den PKW-Verkehr erheblich ein, um der Luftverschmutzung Herr zu werden. Seit heute, Donnerstag, dürfen nur noch die Hälfte der PKWs den Innenstadtbereich befahren. Wessen Nummer mit einer ungeraden Zahl endet, kann an ungeraden Tagen das Auto benutzen, wessen Nummer mit einer geraden Zahl endet, an geraden Tagen. Bereits seit Mittwoch darf im Stadtzentrum nicht mehr geparkt werden und auf den Zufahrtsstraßen gilt eine Geschwindigkeitsbegrenzung. Damit will die Stadtverwaltung die überhöhten Stickoxidwerte senken.

Bürgermeisterin Manuela Carmena und ihre Ahora Madrid (Jetzt Madrid) – ein Bürgerbündnis rund um die Partei Podemos – trauen sich, was vorher niemand in Angriff nahm. Zwar gelten die europäischen Vorschriften zur Luftreinhaltung seit Jahren, doch die konservativen Vorgänger Carmenas unternahmen nichts. Seit 2010 wurden immer wieder zu hohe Stickoxidwerte gemessen. Madrid wurde von Brüssel mehrmals angemahnt, ein Ermittlungsverfahren wurde eröffnet, Millionen-Busgelder drohten. Doch die Konservativen redeten nur und taten nichts. Des Spaniers liebstes Kind, das Auto, in die Schranken zu weisen, das könnte schließlich Wählerstimmen kosten.

Auch jetzt versuchen die Kommunalpolitiker der Partido Popular (PP) von Spaniens Ministerpräsidenten Mariano Rajoy die Verkehrsbeschränkung zu nutzen, um Wählerstimmen zu fangen. Während Umfragen im Netz und Anrufe bei den Radiosendern der Hauptstadt zeigen, dass die Einwohner Madrids zum Großteil einverstanden sind, sprechen die Konservativen von „ideologischen Maßnahmen“. Carmena, die Madrid bis 2025 dieselfrei haben will, hätte prinzipiell etwas gegen den Privatverkehr und die Freiheit der Bürger.

Es ist eine mehr als zynische Haltung. Denn jährlich sterben alleine in Madrid 2.000 Menschen durch die schlechte Atemluft. Und Krebs und Atemwegsbeschwerden wie etwa Asthma fragen nicht, welcher Ideologie der Erkrankte angehört.

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Reiner Wandler
Auslandskorrespondent Spanien
Reiner Wandler wurde 1963 in Haueneberstein, einem Dorf, das heute zum heilen Weltstädtchen Baden-Baden gehört, geboren. Dort machte er während der Gymnasialzeit seine ersten Gehversuche im Journalismus als Redakteur einer alternativen Stadtzeitung, sowie als freier Autor verschiedener alternativen Publikationen. Nach dem Abitur zog es ihn in eine rauere aber auch ehrlichere Stadt, nach Mannheim. Hier machte er eine Lehre als Maschinenschlosser, bevor er ein Studium in Spanisch und Politikwissenschaften aufnahm. 1992 kam er mit einem Stipendium nach Madrid. Ein halbes Jahr später schickte er seinen ersten Korrespondentenbericht nach Berlin. 1996 weitete sich das Berichtsgebiet auf die Länder Nordafrikas sowie Richtung Portugal aus.
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7 Kommentare

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  • 8G
    87233 (Profil gelöscht)

    Es ist Aktionismus, weil damit auch die sauberen Autos bestraft werden. Es ist ein Zeichen der Hilflosigkeit, Konzeptlosigkeit und Ahnungslosigkeit von Behörden in Madrid aber auch anderswo - auch hier in der BRD.

    So wird nichts besser. Im Gegenteil.

    • @87233 (Profil gelöscht):

      "saubere Autos"? Von Elektrofahrzeugen ist in dem Artikel doch gar nicht die Rede!

      • 8G
        87233 (Profil gelöscht)
        @Professor Wagstaff:

        Ironisch gut, aber inhaltlich bringt das nichts.

        Autos sind nicht wegzudenken - mindetsens für die nächsten 20 Jahren. Wenn keine klaren, durchdachten Konzepten vorliegen, passiert das was in Madrid passierte - und anderen Städte.

         

        Wenn ALLE (wie in London) zur Kasse gebeten werden wenn die in die Stadt wollen, ist das effektiv und fordert die Verwendung von ÖPNV.

    • @87233 (Profil gelöscht):

      Es gibt keinen sauberen Diesel, auch wenn das in den Hochglanzbroschüren der Autokonzerne gerne betont wird. Dass selbst Euro-6-Diesel-Pkw dreimal so viel Stickoxide und Feinstaubpartikel ausstoßen "dürfen" als Benziner, liegt schlichtweg am Lobbyismus, die jammerte, sie könnten diese Werte nicht einhalten und mimimi Arbeitsplätze in Deutschland. Und dann predigt man die Diesel als ach so sauber. Sozial wäre es aber auch nicht, nur Neuwagen die Stadt vollstinken zu lassen.

       

      Konzeptlosigkeit ist es auch nicht, sondern gehört eben zum Konzept. ÖPNV und Radwege werden ja gefördert, aber es dauert lange und jeder Tote ist ein Toter zu viel. Es wird so oder so besser. Glückwunsch an Madrid, wo man scheinbar nicht völlig bürgerfern und faktenresistent handelt.

      • 8G
        87233 (Profil gelöscht)
        @Verkehrsfritze:

        Wo habe ich etwas von Diesel geschrieben? Ihr Beitrag ist Ideologische Quark und irreführend.

         

        Die einzige Grossstadt mit einen Konzept hierfür ist London, wo ALLE die in die Stadt wollen teuer bezahlen müssen. Das fordert ÖPNV.

         

        Ich persönlich fahre keinen Diesel und unsere Firmenfahrzeuge sind alle Benziner.

        • @87233 (Profil gelöscht):

          Weil Madrid, siehe letzter Absatz, "dieselfrei" werden will. Benziner sind auch nicht viel besser bzw. sauberer. Als Verkehrswissenschaftler freut man sich aber natürlich, wenn immer "Ideologie" geschrien wird, obwohl's nur um nüchterne Fakten geht.

           

          Und sicherlich ist eine Verteuerung eine Möglichkeit, ebenfalls den MIV zurückzudrängen. Integrierte Konzepte bestehen aber nie aus einer Maßnahme, sondern zahlreichen abgestimmten Plänen, wovon keiner eine eierlegende Wollmilchsau ist und die Verkehrssituation nicht bequem am Küchentisch von einer Stadt auf eine andere übertragen werden kann, da die Verkehre und Ausgangssituationen völlig verschieden sind.

          • 8G
            87233 (Profil gelöscht)
            @Verkehrsfritze:

            Das was in Madrid passierte ist nichts anderes als einen Hauruck Aktion. Pure Aktionismus ohne Plan und Ziel. Nächste Woche fahren die alle wieder wie vorher.