Kommentar Landflucht von Ärzten: Kommunen allein gelassen
Zwei Millionen Euro vom Land Niedersachsen ändern nichts am grundsätzlichen Problem, denn bei der Entscheidung gegen eine Landarztpraxis spielen andere Faktoren eine Rolle.
N iedersachsens ländliche Gegenden haben offenbar zu wenig zu bieten. Zu wenig Jobs, zu wenig Kinderbetreuung, zu wenig gute Schulen, zu wenig kulturelle Möglichkeiten. In der Folge rücken viel zu wenig junge Mediziner und Medizinerinnen nach, wenn alteingesessene Landärzte in den Ruhestand gehen. Denn das finanzielle Risiko einer Landarztpraxis spielt bei der Entscheidung eine deutlich kleinere Rolle als ein gutes soziales Umfeld.
Eigentlich sind sich schon lange alle einig, dass schnell etwas gegen das Problem der schwindenden Landärzte unternommen werden müsste. Und es gab immer wieder Lösungsansätze, wie beispielsweise das Aufheben der Residenzpflicht, das Ärzten erlaubt, in der Stadt zu wohnen und auf dem Land zu praktizieren. Aber ebenso wenig wie die Pendelerlaubnis etwas am grundsätzlichen Problem ändert oder zu mehr Leben im Dorf beiträgt, wird es ein bisschen Geld vom Land Niedersachsen tun.
Denn die Investition von zwei Millionen Euro in zwei Jahren bei momentan 430 fehlenden Landärzten sind kein wichtiger Impuls für die Aufrechterhaltung der ambulanten Versorgung, wie es aus dem niedersächsischen Gesundheitsministerium heißt, sondern maximal ein Trostsümmchen und das Demonstrieren von ein bisschen gutem Willen. Letztlich bleiben die Kommunen finanziell und strukturell mit der Arzt-Sorge weiter allein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Konsequenzen der Messerattacke
Weder „Remigration“ noch Bleiberecht für alle
AfD-Wahlkampfauftakt in Halle
Bier, Bratwurst, Rassismus
Proteste gegen Rechtsextremismus
Etwa 100.000 Menschen für Vielfalt auf der Straße
5 Jahre Coronavirus
Was von der Pandemie übrig blieb
Christian Drosten
„Je mehr Zeit vergeht, desto skeptischer werde ich“
Brandmauer in sächsischen Kommunen
In Sachsen bröckelt’s