Kommentar Landärztemangel: Placebo mit Nebenwirkungen
Der Vorstoß des Gesundheitsministers ist erneut saubere Klientelpolitik: Die ohnehin schon gut verdienenden Ärzte bekommen noch mehr Geld.
D er Landärztemangel in vielen Regionen ist seit Langem bekannt, er wird von Jahr zu Jahr dramatischer. Es muss sich schleunigst etwas ändern. Aber hilft das "Versorgungsstrukturgesetz", an dem vor Daniel Bahr schon andere GesundheitsministerInnen herumgedoktert haben, das Problem zu lösen?
Sicher werden so ein paar Ärzte ermuntert, aufs Land zu ziehen - vor allem solche, die dort geboren sind und in ihre Heimat zurückwollen. Manche Regionen locken junge Medizinstudenten bereits mit Sonderstipendien und anderen Vergünstigungen. Aber die Masse wird sich nach wie vor in Städten nach freien Stellen und Praxen umsehen.
Denn junge Ärztinnen und Ärzte haben häufig eine Familie, mit Kindern und vielen Wünschen - nach umfassender Kinderbetreuung, einem sozialen Umfeld (auch für die Kinder), guten Schulen, Einkaufsmöglichkeiten und kulturellem Leben. All das gibt es in vielen ländlichen Gegenden zu wenig oder gar nicht.
ist taz-Redakteurin für Geschlechterpolitik.
Das neue Gesetz erlaubt den jungen Ärzten nun zwar, in der Stadt zu wohnen und auf dem Land zu arbeiten. Das aber bedeutet lange Fahrtwege und weniger Zeit für die Familie. Und welche junge Frau oder welcher junge Mann möchte heute mit aufs Land ziehen, wenn der Partner Arbeit hat, man selber dort aber keinen Job findet? Das Landarztproblem ist im weitesten Sinne ein Landstrukturproblem. Und das wird ein Gesetz wie dieses kaum lösen können.
Unterm Strich bleibt die Erkenntnis, dass der Vorstoß des Gesundheitsministers erneut saubere Klientelpolitik ist: Die ohnehin schon gut verdienenden Ärzte bekommen noch mehr Geld. Und die Kosten, die das Gesetz verursacht, tragen die Patienten - über höhere Krankenkassenbeiträge und höhere Zusatzversicherungen.
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