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Kommentar Länderspiel in ParisGeht doch!

Jan Feddersen
Kommentar von Jan Feddersen

Die DFB-Mannschaft hat erwartbar mit 1:2 gegen Frankreich verloren. Trotzdem: Das Spiel wird Trainer Joachim Löw vorläufig den Job retten.

Kunst am Ball: Thilo Kehrer und Kylian Mbappé Foto: ap

E in sehr ansehnliches Spiel gegen Frankreich hat die DFB-Mannschaft mit 1:2 verloren. Bis zur Mitte der zweiten Halbzeit schien sogar denkbar, dass ein Sieg gelingen könnte. Aber Antoine Griezmann vereitelte mit zwei Treffern – davon einer mit einem fast surreal brillanten Kopfball –, dass die Partie mit einem Ergebnis endete, welches die aktuelle Fußballnationalmannschaftshierarchie vollständig auf den Kopf gestellt hätte: Der WM-Loser schlechthin gewinnt in Paris gegen den Weltmeister.

Dass es am Ende doch so kam, wie es unbedingt – zumal nach dem 0:3 in Amsterdam vorigen Samstag – kommen musste, liegt natürlich in der französischen Klasse begründet, in der Qualität von Spielern wie Kylian Mbappé und Paul Pogba. Die Kunst am Ball und die Präzision mit diesem waren waren in Fülle vorhanden, bei den Deutschen mangelte es in dieser Hinsicht ersichtlich.

Aber nicht so deutlich wie gegen die Niederlande, als die Auswahl Joachim Löws sich gegen die schnittigen Youngster aus dem Nachbarland wie kaum geh- und lauffähige Wohlstandsbürger ohne Ehrgeiz ausnahmen. Aber die Pariser Auswahl Löws war viel besser.

Und das war auch kein Wunder. Denn Löw, der noch vor anderthalb Jahren als ewiger Bundestrainer verhandelt wurde, dem niemand etwas anhaben konnte, so schien es, dieser Löw hat wichtige Getreue aus dem WM-Sieg-Jahr 2014 nicht spielen lassen. Thomas Müller kam erst spät zum Spiel, Jérôme Boateng fehlte, nur Mats Hummels und Manuel Neuer als Promifiguren von einst machten von Anfang an mit.

Hungrige Anfangsformation

Jedenfalls: Leroy Sané, Timo Werner, Serge Gnabry, Nikolas Süle, Nico Schulz und Thilo Kehrer standen in der Anfangsformation auf dem Platz. Und dies offenbar hungrig. Was die DFB-Mannschaft mit ihnen an Tempo entfaltete, hatte nur wenig Unterschied zum aufgeräumt-schnellen Spiel der Franzosen. Dass durch einen Elfer die 1:0-Führung durch Toni Kroos gelang, war sogar in der Phase der Partie verdient.

Nach der Niederlage könnte Deutschland sehr gut Letzter in seiner Nation-Cup-Gruppe werden. Kein Problem: Dann wird es mal absteigen. Aber das Spiel in Paris zeigte, was Joachim Löw sich in über vier Jahren nicht getraut hatte, außer beim siegreichen Confed-Cup 2017 in Russland: Fast alle alten und satten und nur noch begrenzt ehrgeizigen WM-Sieg-Spieler von 2014 außen vor zu lassen, sie auszumustern, sie durch frische, konditionsstarke und willige Spieler zu ersetzen.

Dies nicht gemacht zu haben, war und ist sträflich gegen alle Talente, denen sie im Wege standen. Die Alten wollten keinen Platz machen, und Joachim Löw ließ sie gewähren – nur das war sein Fehler, sein zweitwichtigster.

In Paris fehlte nur einer von den Alten, der das deutsche Spiel etwas mehr hätte sortieren, dirigieren können: Mesut Özil

Mit dieser Mannschaft wären die Deutschen in Russland nicht schon in der WM-Vorrunde ausgeschieden. Wenigstens gegen Mexiko und gegen Südkorea hätte man andere, bessere Ergebnisse erzielt. Sicher hätten sie den Titel nicht wieder gewonnen, aber schöner, spektakulärer, plausibler hätte es ausgesehen.

In Paris fehlte nur einer von den Alten, der das deutsche Spiel etwas mehr hätte sortieren, dirigieren können: Mesut Özil. Er wäre die richtige Mann gewesen, mit WM-Siegerfahrung die Jungen mit seinem Überblick zu sichern, ihnen die passenden Bälle zu servieren. In diesem Gelsenkirchener Straßenfußballer, der er mal war, nicht den Anführer eines Neuaufbaus zu erkennen, ist Joachim Löws wichtigster, entscheidender Fehler: schade.

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Jan Feddersen
Redakteur für besondere Aufgaben
Einst: Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, Meinungs- und Inlandsredaktion, Wochenendmagazin taz mag, schließlich Kurator des taz lab und der taz Talks.. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. RB Leipzig-Fan. Und er ist seit 2011 mit dem in Hamburg lebenden Historiker Rainer Nicolaysen in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft, seit 2018 mit ihm verheiratet. Lebensmotto: Da geht noch was!
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3 Kommentare

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  • Leroy Sané hat den Unterschied zu den glanzlosen vergangen Spielen ausgemacht. Er riss die Abwehr von Franzosen mit seinen Sprints, Dribblings und Steilpässen ständig. Französische Abwehr kam mit ihm gar nicht zu recht. Den Strafstoß (11 Meter) hat er rausgeholt! Den Elfer rein zu machen war reine Formsache.

    Es war ein großes Rätzel für die internationale Sportpresse, warum Herr Löw den besten Nachwuchsspieler der Premier League 2017/2018 nicht zur WM in Russland mitnahm. Der hat eindeutig gefehlt. Dafür spricht noch ein Fakt: erstaunlich zu wenig Tore wird seit der WM geschossen, -wohl noch ein Negativrekord.

    Auch in diesem Spiel fehlte Özil, einer der besten Torvorbereiters in der Geschichte des Weltfußballs und eindeutig der beste mit 40 Vorlagen für die Nationalmannschaft im Deutschen Fußball. Wenn du so einen Spieler wie Sané oder Mbappe hast, dann brauchst du jemanden, der schnell und genau „den letzten Pass“ spielen kann. Dafür ist z.B. Kroos zu langsam; nimmt meistens den Ball zuerst an, bevor er abspielt, und kann nicht in Peripherie den Ball und Mitspieler gleichzeitig sehen, beispielsweise eine Torvorlage machen, ohne seinen Blick auf den Ball senken zu müssen.

  • Bei dem letzten Satz kann es sich nur um Sarkasmus handeln. Wie kann Mesut Özil Anführer eines Neuaufbaus sein, wenn er doch Teil der alten Garde ist, die das blamable Aus bei der WM mitzuverantworten hat? Es ist nicht so, als habe sich Özil unter lauter lustlosen Altstars durch besondere Motivation und Einsatz ausgezeichnet. Außerdem ist er wahrscheinlich der letzte deutsche Spieler, der sich als Führungsfigur eignet. Die Zukunft gehört Sané, Gnabry, Brandt, Kehrer, Tah & Co.

  • Geht doch? Ja, verlieren kann Yogi inzwischen. Aber da es keine Kürpunkte gibt ist auch ein schön verlorenes Spiel ein verlorenes Spiel. Das lässt sich nicht schönreden!