Kommentar Laborgemüse in Babynahrung: Jetzt gibt es keine Ausreden mehr
Wenn sogar im Bio-Baby-Brei gentechnik-ähnliche Verfahren genutzt werden, ist das ein Skandal. Die Verbraucher haben ein Recht auf Information.
B ei Babynahrung reagieren Verbraucher besonders sensibel. Logisch. Daher setzen Hersteller gerade in diesem Bereich auf die Verarbeitung von Biozutaten. Wenn also in den kleinen Schraubgläsern gentechnisch veränderte Bestandteile gefunden werden, ist das erst einmal ein Skandal. Bio, Baby und Gentechnik, das geht einfach nicht zusammen.
Doch ob es bei den aktuellen Entdeckungen überhaupt um Gentechnik geht, darüber streiten sich die Experten. Ja, das Verfahren, mit dem sogenannte CMS-Hybriden von Kohlsorten erzeugt werden, passiert im Labor, aber nein, an den Genen wird nicht gebastelt. Es ist ein Graubereich. Und wie das häufig so ist bei Graubereichen, fallen sie durchs Raster. Nicht nur, was die Forschung angeht, sondern auch in der öffentlichen Wahrnehmung.
Daher ist es gut, dass dieses Thema jetzt auf den Tisch kommt. Zu lange konnten sich auch die Bioverbände, die das umstrittene Verfahren offiziell untersagen, herausreden – es gab bis vor Kurzem einfach keine Methoden für Tests. Und wenn der Züchter die Technologie einsetzt, muss er das noch lange nicht dem Anbauer mitteilen und der nicht dem Verbraucher.
Genau das muss sich ändern: Verbraucher haben ein Recht auf Informationen. Vielleicht hat die Technologie keinen Einfluss auf die menschliche Gesundheit, vielleicht schadet sie nicht einmal den Pflanzen. Aber es geht auch um Politik, um Patente, um Marktmacht. Wer das Verfahren ablehnt, muss die Möglichkeit haben, sich dagegen zu entscheiden.
Im konventionellen Bereich ist das kaum möglich. Schließlich ist hier mittlerweile fast jeder Kohl ein CMS-Hybrid, egal ob Blumenkohl oder Brokkoli, egal ob frisch oder im Tiefkühlgericht.
Wer dazu eine Alternative will, sollte zumindest auf Bioprodukte bauen können.
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