Kommentar Korea: Seoul spielt mit dem Feuer
Ein langfristiger Wandel in Nordkorea wäre für beide Seiten gut. Denn ein vom Süden forcierter Zusammenbruch des Regimes würde vor allem eine Seite überfordern: Südkorea.
S üdkoreas "Manöver" an der Seegrenze zu Nordkorea war keine sinnvolle militärische Übung. Stattdessen brachte diese Demonstration der Stärke Korea unnötigerweise an den Rand eines Krieges. Zum Glück antwortete Nordkorea nicht wie angedroht auf die Provokation. Die Drohungen entpuppten sich wieder mal als Bluff. Dabei hat selbst Südkorea sie diesmal sehr ernst genommen. Bewohner der bereits im November beschossenen Insel Yeonpyeong wurden evakuiert oder in Bunker gebracht.
Südkoreas Präsident Lee Myung Bak wollte jetzt Entschlossenheit demonstrieren und rechte Kritiker im eigenen Land beruhigen. Die Entspannungspolitik seiner liberalen Vorgänger hat nämlich viele enttäuscht. Sie brachte nicht den politischen Wandel im Norden, der im Süden ungeduldig herbeigesehnt wurde.
Vielmehr verstärkte sich im Süden der Eindruck, dass der Norden für seine Provokationen und den Ausbau seines Atomprogramms auch noch belohnt würde. Dabei wird vergessen, dass Kim Jong Il sein Atomprogramm auch deshalb ausbaute, weil die USA die Entspannungspolitik hintertrieben, indem sie lauthals "regime change" forderten.
Sven Hansen ist Redakteur im Auslands-Ressort der taz.
Präsident Lee will dem Norden nur noch helfen, wenn dieser zu Zugeständnissen bereit ist. Für Pjöngjang ist das ein Signal, dass Lee nun auch auf den Zusammenbruch Nordkoreas setzt. Entsprechend aggressiv reagiert das Regime und drängt mit militärischen Nadelstichen auf neue Verhandlungen.
Bei positivem Verlauf können diese nur wieder auf Entspannungspolitik hinauslaufen mit der vagen Hoffnung auf langfristigen Wandel. Nordkoreas Zusammenbruch hingegen würde den Süden überfordern und ein ähnliches Chaos verursachen wie ein militärischer Schlagabtausch.
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