Konflikt auf der koreanischen Halbinsel: Lee will wieder verhandeln
Der südkoreanische Präsident Lee Myung Bak will plötzlich eine Wiederaufnahme der wenig erfolgreichen Sechsergespräche über Nordkoreas Atomprogramm und mahnt zur Eile.

Soldaten aus Südkorea patroullieren an der Grenze zu Nordkorea. Bild: reuters
BERLIN taz | Nach Wochen des Säbelrasselns hat Südkoreas Präsident Lee Myung Bak am Mittwoch erstmals die unterbrochenen Sechsergespräche als einzigen Weg bezeichnet, um Nordkorea von seinem umstrittenen Atomprogramm abzubringen. "Wir haben keine andere Wahl", sagt Lee laut Südkoreas Nachrichtenagentur Yonhap vor der Annahme von Regierungsberichten der Ministerien für Äußeres, Verteidigung und Wiedervereinigung für 2011 in Seoul.
Die 2003 begonnenen Gespräche in Peking, an denen außer den beiden Koreas auch China, Russland, die USA und Japan teilnehmen, sind seit April 2009 unterbrochen. Während sich Nordkorea zur Wiederaufnahme bereit erklärte und China und Russland zum weiteren Dialog ohne Vorbedingungen drängen, lehnten Washington, Seoul und Tokio dies bisher ab. Sie verlangen von Pjöngjang zunächst, bereits gemachte Zusagen einzuhalten und aggressives Verhaltens zu beenden. So besteht Seoul auf einer Entschuldigung des Nordens für die Versenkung einer südlichen Korvette im März mit 46 Toten. Der Norden lehnt die Verantwortung dafür ab.
Die Spannungen zwischen den beiden Koreas hatten in den letzten Wochen stark zugenommen, nachdem der Norden am 23. November eine vom Süden kontrollierte Insel mit Artillerie beschoss und vier Südkoreaner tötete. Seitdem drohten sich beide Seiten Krieg bis zur Vernichtung an. Seoul reagierte zudem mit einer Vielzahl militärischer Manöver, die Entschlossenheit demonstrieren sollten.
Offen blieb, ob Lees Plädoyer jetzt eine neue Politik bedeutet. Der konservative Lee hatte die Entspannungspolitik seiner Vorgänger für gescheitert erklärt und auf Härte gesetzt. Doch jetzt drängte er auch auf einen Durchbruch 2011, weil das stalinistische Nordkorea nach eigenen Angaben 2012, im Jahr des 100. Geburtstags von Übervater Kim Il Sung, eine starke und prosperierende Nation sein wolle.
Darunter versteht Seoul eine Atommacht. Das Vereinigungsministerium erklärte, Seoul suche auch den bilateralen Dialog, werde den Norden aber für Provokationen bestrafen. Auch bereite sich Seoul auf eine plötzliche Wiedervereinigung vor. Das Verteidigungsministerium bezeichnete Nordkorea als "Feind", jedoch nicht wie vor der Entspannungspolitik als "Hauptfeind".
Leser*innenkommentare
Heinz Rudolf
Gast
Lee befürchtet vermutlich, sich "zu weit aus dem Fenster" gelehnt zu haben. Bei einem Konflikt wäre SK der Hauptverlierer, selbst eine Wiedervereinigung ist dagegen "billig". Ob die von den Amerikanern und einigen SK-Scharfmachern getriebene Eskalation überhaupt noch gestoppt werden kann, ist eine andere Frage.