Kommentar Klimagipfel Warschau: Nicht länger auf Katastrophen hoffen
In Warschau können sich die Staaten nur auf vage Absichtserklärugen einigen. Schlecht für das Klima. Die Politik braucht mehr Druck von Menschen.
E in November in Warschau kann seine tropischen Momente haben. etwa überheizte Hotelzimmer, wo die Temperatur nur durch offene Fenster zu regeln war. Aber auch durch die Verhandlungen wehte ein Hauch von Bali. Was angenehm klingt, ist eine schlechte Nachricht: Denn auf der Konferenz von Bali 2007 begann der Anlauf zum gescheiterten Gipfel von Kopenhagen 2009.
Und Bali steht für die Zementierung der Welt in Schuldige (Industriestaaten) und Opfer (alle anderen). Erst 2011 erkannten die Staaten dann an, dass Schwellenländer wie China und Indien ebenfalls Verantwortung tragen müssen.
Umso mehr Besorgnis löste deren Versuch aus, die Zeit zurückzudrehen. Ist Warschau das neue Bali? Die Konferenz deutet darauf hin: Das Vertrauen zwischen den Staaten ist erodiert, fast alle Staaten haben kurzfristig andere Sorgen als den Klimaschutz. Viele begreifen jetzt erst, was ein Abkommen mit echtem Klimaschutz bedeutet, und wehren sich. Verwundbare Staaten und Umweltgruppen reisten noch frustrierter ab, als sie gekommen sind.
Es gibt aber Hoffnungsschimmer: Die Politik weiß inzwischen, wie man solche Gipfel managt. China als Klimasünder bemüht sich um die grünen Märkte der Zukunft; der US-Präsident riskiert den Krach mit der Kohlelobby; in vielen Weltgegenden sind erneuerbare Energien beim Neubau billiger als fossile Varianten. Und eine erfolgreiche deutsche Energiewende könnte Vorbild sein.
Ob das reicht, 2015 in Paris zu einem ordentlichen Klimadeal zu kommen, hängt vor allem daran, ob die Politik mehr Druck von den Menschen und der Wirtschaft bekommt, die um ihre Zukunft fürchten. Auf Katastrophenszenarien kann man dabei nicht hoffen. Ein stärkeres Alarmsignal als einen Taifun mit Tausenden von Toten wie jetzt vor Warschau wird die Natur nicht liefern. Und auch das wurde kaum gehört.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“