Kommentar Kita-Finanzen: Kaum noch Luft
Das Gutschein-System schaffte Flexibilität für die Eltern, Effizienz für die Behörde und Belastung für die Beschäftigten. Nun sind die auch mal dran.
E s Stimmt: Hamburg hat die Ausgaben für Kitas erhöht. Und es hat der Stadt gut getan. In Hamburg müssen sich werdende Eltern nicht mehr den Kopf darüber zerbrechen, ob ein Partner zu Hause bleibt und auf seine Karriere verzichtet. Und die Versorgung mit Plätzen klappt ganz gut.
Die Sache hat einen Preis: das Kita-Gutscheinsystem. Die Stadt zahlt für Betreuung nur in dem Umfang, in dem die Eltern durch Arbeit verhindert sind. Früher war das anders: Da wurden Ganztags-Kitas mit einem fixen Platzangebot ausfinanziert. Man bekam einen dieser Plätze oder eben nicht. Wurde ein Kind früher abgeholt oder blieb tatsächlich ein Platz frei, floss das Geld für die Gehälter trotzdem.
Das Gutscheinsystem tickt anders. Träger müssen Reserven bilden, um ihre Mitarbeiter auch bei Flaute bezahlen zu können. Vor dem Start des Systems handelten sie 2003 erhöhte Pflegesätze aus – schließlich galt es, fortan ja auch flexiblere Öffnungszeiten abzudecken. Wer sich erinnert: Das Budget reichte nicht. Es kam zum „Kita-Chaos“, berufstätige Eltern bekamen über Monate keinen Gutschein.
In dieser dramatischen Lage wurden 2005 neue, stark abgesenkte Sätze verhandelt, was das System zum Laufen brachte. Von dieser Ausstattung sagen die Kita-LeiterInnen heute: Es geht nicht mehr. Die Kollegen sind zu belastet. Es gibt kaum noch Phasen, wo in kleinen Gruppen gearbeitet wird. Die Belastung des Personals sei „unzweifelhaft gewachsen“, das konstatierte nach fünf Jahren Gutscheinsystem auch der zuständige Behördenleiter – zusammen mit einem Effizienz-Gewinn von immerhin zwölf Millionen Euro.
Es ist verständlich, wenn die Kita-Beschäftigten erwarten, sie seien auch mal dran, wenn wieder Geld da ist. Bisher kam es anders: Im Wahlkampf 2011 versprach Olaf Scholz, bis zum Ende der Legislaturperiode werde die Grundbetreuung kostenfrei sein. Auf das Angebot der Landeselternvertretung, diese Wohltat aufzuschieben – um das Geld stattdessen für bessere Betreuung zu nutzen –, ging Scholz nicht ein.
75 Millionen Euro als Ersatz für die weggefallenen Elternbeiträge sind viel Geld. Die Lehre daraus ist: Wer von diesem Senat etwas will, wird am besten im Wahlkampf laut.
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