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Kommentar Jürgen Riegers HauskäufeSchrottimmobilie als Neonazi-Treff

Andreas Speit
Kommentar von Andreas Speit

Im Fall des Hotels von Faßberg erwartet die Nazi-Szene, dass der Anwalt jetzt aber mal wirkiich ein Schulungszentrum durchboxt. Für ihn ein Imagegewinn, für die Gemeinde ein Horror.

Der Name versetzt Städte und Gemeinden immer wieder in Schrecken. Steht eine Immobilie zum Verkauf und fällt der Name Jürgen Rieger, kommt es regelmäßig zum Dilemma: Soll hier in der Tat ein Nazizentrum entstehen, oder soll - wie auch schon oft genug geschehen - lediglich der Preis einer schrottigen Immobilie in die Höhe getrieben werden?

Kein Stadtrat und keine Gemeindeverwaltung möchte, dass der NPD-Bundesvize bei ihnen ein Schulungszentrum oder eine Bleibe für den von ihm gegründeten Verein "Mütterdank" errichtet. Niemand will aber auch genötigt werden, überhöhte Preise zu zahlen, nur weil die Besitzer von maroden Immobilien ansonsten drohen, an den NPD-Mann zu verkaufen.

In Faßberg kennt Rieger auch nur selbst seine wahren Absichten. Schon im niedersächsischen Delmenhorst bot er für ein Hotel einen überhöhten Preis. Die Stadt zahlte 3 Millionen Euro, um den befürchteten Kauf abzuwehren. In Faßberg soll Rieger nun 1,3 Millionen geboten haben. Ihm hilft, dass über sein Vermögen keine offiziellen Erkenntnisse vorliegen. Steuer- und Bankgeheimnis gelten eben auch für den Nazianwalt. Das Vermögen erwarb er über Erbschaften, die ihm "alte Kämpfer" und "ewig Gestrige" vermachten. Die allerdings könnten jetzt Rieger unter Druck setzen. Seit Jahren trauen älteren Damen und Herren der "Bewegung" dem Anwalt zu, ihr Erbe für die "nationale Sache" einzusetzen. In den vergangenen Jahren gelang es Rieger aber nicht, nach dem Kauf einer Immobilie wie etwa in Pößneck oder Dörverden ein Zentrum zu eröffnen - dank engagierter Anwohner und kreativer Verwaltungen.

Das frühere Hotel in Faßberg ist durch seine Anlage für einen Nazitreff geradezu ideal. Großes Gelände, mehrere Konferenzräume. Die Einstellung der Eigentümer scheint Rieger zudem entgegenzukommen. Die NPD verfügte im Fall eines Kaufs jederzeit über Räumlichkeiten. Und vor Ort könnten Kameradschaften die Gebäude nutzen. Dort, wo die Szene Räume hat, strahlt sie auch über ihre Strukturgrenzen hinaus, zieht andere Jugendliche an. Die Szene erwartet diesmal von Rieger mehr als nur anhaltende Rechtsstreitereien um das Gebäude.

Für Rieger selbst wäre die Eröffnung ein großer Imagegewinn. Denn er ist in der Szene nicht nur beliebt. Der Kauf ist noch nicht abgewickelt. Die Pacht will Rieger aber schon fest vereinbart haben.

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Andreas Speit
Autor
Rechtsextremismusexperte, Jahrgang 1966. In der taz-Nord schreibt er seit 2005 die Kolumne „Der Rechte Rand“. Regelmäßig hält er Vorträge bei NGOs und staatlichen Trägern. Für die Veröffentlichungen wurde er 2007 Lokaljournalist des Jahres und erhielt den Preis des Medium Magazin, 2008 Mitpreisträger des "Grimme Online Award 2008" für das Zeit-Online-Portal "Störungsmelder" und 2012 Journalisten-Sonderpreis "TON ANGEBEN. Rechtsextremismus im Spiegel der Medien" des Deutschen Journalistenverbandes und des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt. Letzte Bücher: herausgegeben: Das Netzwerk der Identitären - Ideologie und Aktionen der Neuen Rechten (2018), Die Entkultivierung des Bürgertum (2019), mit Andrea Röpke: Völkische Landnahme -Alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos (2019) mit Jena-Philipp Baeck herausgegeben: Rechte EgoShooter - Von der virtuellen Hetzte zum Livestream-Attentat (2020), Verqueres Denken - Gefährliche Weltbilder in alternativen Milieus (2021).
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