Kommentar Jamaika und die Vorratsdaten: Kein Preis für einen verstorbenen Gaul
Die Vorratsdatenspeicherung ist juristisch gesehen ein totes Pferd. Grüne und FDP sollten sich bei den Sondierungen daher nicht auf das Thema versteifen.
E s ist eine Frage der Identität. FDP und Bündnis 90/Die Grünen halten die anlasslose Speicherung der Kommunikationsdaten der ganzen Bevölkerung in der Bundesrepublik für einen rechtsstaatlichen Sündenfall. Dagegen will die Union auf keinen Fall auf das von der Polizei geforderte Instrument verzichten.
Auf den ersten Blick sieht es so aus, als müssten die Bürgerrechtsparteien FDP und Grüne bei den Jamaika-Verhandlungen einen hohen Preis zahlen, um die 2015 erneut eingeführte Vorratsdatenspeicherung wieder zu beseitigen. Das sollten sie aber nicht tun.
Denn die Vorratsdatenspeicherung ist juristisch gesehen ein totes Pferd. Sie steht zwar noch im Gesetzblatt, doch faktisch findet sie nicht statt. Denn Ende 2016 hat der Europäische Gerichtshof in Urteilen zu Schweden und Großbritannien eine anlasslose und flächendeckende nationale Vorratsdatenspeicherungen verboten.
Im Juni dieses Jahres stellte das Oberverwaltungsgericht Münster dann fest, dass dieses Urteil natürlich auch für Deutschland gilt. Warum also sollten FDP und Grüne nun einen Preis dafür bezahlen, dass das tote Pferd Vorratsdatenspeicherung noch ordnungsgemäß beseitigt (das heißt: aus dem Gesetz entfernt) wird?
Dass auch die Union die Lage kennt, hat die Justizministerkonferenz in der vorigen Woche gezeigt. Einstimmig forderten die Minister, zur Rechtslage vor Einführung der Vorratsdatenspeicherung „zurückzukehren“.
Der Antrag kam aus Bayern. Der CSU-Justizminister Winfried Bausback will wenigstens wieder die von den Firmen freiwillig gespeicherten Standortdaten nutzen. Jetzt sei die Lage für die Polizei schlechter als vor 2015, so Bausback.
Das Beispiel zeigt: Eigentlich muss die Union ihren künftigen Regierungspartnern etwas bieten, damit diese eine (weniger einschneidende) Nachfolgeregelung zur Vorratsdatenspeicherung mittragen. Kostenlos sollten Grüne und FDP den Unionsparteien nicht aus der Patsche helfen, in die diese selbstverschuldet geraten sind.
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