piwik no script img

Kommentar Ivorische MilitärrevolteStabilisierung nicht vollbracht

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Präsident Outtara wäre nicht im Amt, hätten ihn nicht ehemalige Rebellen in der Elfenbeinküste unterstützt. Das lassen sie ihn jetzt spüren.

Befiehlt der Präsident der Elfenbeinküste dem Militär – oder das Militär dem Präsidenten? Foto: ap

W estafrika steht in europäischen Augen im Zeichen des islamistischen Terrors. Aber wer nach Problemen sucht, findet schnell noch ganz andere Dinge: Zehntausende kampfgestählte Bürgerkriegsveteranen, unzufriedene Partisanen gestürzter Autokraten, andauernde bewaffnete Konflikte – wer Gewalt schüren will, hat eine reiche Auswahl. Die Elfenbeinküste zeigt jetzt, wie das geht.

In normalen Ländern ist der Präsident der Oberbefehlshaber der Streitkräfte. In der Elfenbeinküste, so scheint es, sind die Streitkräfte Oberbefehlshaber des Präsidenten.

Es ist offenbar in einem der wichtigsten Länder Westafrikas möglich, dass Tausende Soldaten auf einmal in den Aufstand treten, astronomische Geldsummen verlangen und damit den Staatschef zu Konzessionen zwingen, die alle Bemühungen belasten, endlich eine normale Demokratie aufzubauen.

Das hat seinen Grund. Der gewählte ivorische Präsident Alassane Ouattara wäre nicht im Amt, wenn ehemalige Rebellen nicht 2011 mit Waffengewalt dafür gesorgt hätten, dass sein Amtsvorgänger Laurent Gbagbo nach einer verlorenen Wahl die Macht abgibt und nach Den Haag geschickt wird.

Zwar wurden beide Kriegsparteien danach in einer neuen Armee zusammengeführt und 60.000 von 74.000 registrierten irregulären Kämpfern demobilisiert – aber es gibt noch zahlreiche Privatarmeen, und nach UN-Erkenntnissen verfügen einstige Rebellenkommandeure noch über gigantische Waffenarsenale und lukrative Wirtschaftsimperien.

Ouattara ist Präsident von Gnaden der ehemaligen Rebellen, und das lassen sie ihn gerne spüren – zum Beispiel jetzt, wo eine neue Verfassung in Kraft tritt und eine neue Regierung entsteht. Die Elfenbeinküste galt zuletzt als so stabil, dass die UNO ihre Blauhelmmission dort bis Juni 2017 abziehen will. Es scheint jetzt, als sei die Arbeit der Stabilisierung noch nicht vollbracht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!