Kommentar Israelische Bomben gegen Hamas: Moderate Araber sind die Verlierer
Israel hat seine Lektion aus dem Kampf gegen die Hisbollah nicht gelernt. Mit ihren Militäraktionen stärkt Israel ausgrechnet die Kräfte, die man doch loswerden will.
D ie israelischen Angriffe auf den Gazastreifen stellen einen Versuch dar, die politischen Gewichte in der Region mit militärischen Mitteln zu verschieben - ähnlich wie im Sommer 2006, als die Hisbollah im Libanonkrieg von der politischen Landkarte des Nahen Ostens radiert werden sollte.
Karim El-Gawhary ist Nahost-Korrespondent der taz.
Die arabische Welt ist derzeit in zwei politische Lager gespalten. Jenes, das durch Verhandlungen eine friedliche Koexistenz mit Israel sucht - Verbündete der USA wie der Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und seine Fatah, Ägyptens Präsident Husni Mubarak, die Regierungen Saudi-Arabiens und Jordaniens. Ihr politischer Gegenpol sind jene, die sich das Wort "Widerstand" auf ihre Fahnen geschrieben haben: die palästinensische Hamas, die libanesische Hisbollah und deren Sponsoren, die syrische und iranische Regierung. Sie rechtfertigen ihre Militanz damit, dass mit Verhandlungen bisher nichts erreicht wurde.
Vorbei sind die Zeiten, als die Araber sich zumindest in ihrer Position gegenüber Israel einig waren. Aber Israel kann sich nicht als lachender Dritter fühlen. Denn das Absurde ist, dass jede seiner Interventionen, die der Stärkung der "Verhandler" dienen soll, das Lager des "Widerstandes" stärkt.
Es existieren zwei mögliche Szenarien für den Ausgang des Kriegs in Gaza. In beiden zählt das moderate arabische Lager zu den großen Verlierern. Was würde geschehen, würde es die israelische Armee tatsächlich schaffen, die Hamas so entscheidend zu schwächen, dass Palästinenserpräsident Abbas und seine Fatah wieder im Gazastreifen Einzug halten? Mit Hilfe israelischer Feuerkraft und auf Kosten von Hunderten von Toten und einer zerstörten Infrastruktur in Gaza wäre das alles andere als ein triumphaler Einzug, im Gegenteil: Abbas wäre diskreditiert.
Wahrscheinlicher ist ohnehin, dass die israelische Armee es nicht schafft, Hamas militärisch zu besiegen. Dann könnte das Lager des "Widerstands" einen erneuten "Sieg" für sich verbuchen. Man sollte glauben, Israel hätte seine Lektion aus dem Krieg gegen die Hisbollah gelernt: Egal, wie stark seine Armee und wie schwer die Bomben: politisch werden mit solchen Militäraktionen immer genau jene Geister gestärkt, die man doch loswerden will.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Rekordhoch beim Kirchenasyl – ein FAQ
Der Staat, die Kirchen und das Asyl
Preise fürs Parken in der Schweiz
Fettes Auto, fette Gebühr