Kommentar Israel: Die unmögliche Koalition
Die Koalitionsparteien in Israel haben jeweils ihre ganz eigenen Vorstellungen. Jeder Schritt, egal in welche Richtung, wird die Koalition ins Wanken bringen.
I sraels künftige Regierungskoalition verspricht, keine Langeweile aufkommen zu lassen. Da sitzen strikt Weltliche Seit an Seit mit den ultrareligiösen Parteien. Und der erklärte Sozialdemokrat Ehud Barak reicht Benjamin Netanjahu, also ausgerechnet dem Mann, den er einst als einen der schlimmsten Kapitalisten beschimpfte, brüderlich die Hand.
Susanne Knaul ist Israel-Korrespondentin der taz.
Richtig spannend wird das dann werden, wenn sich im Friedensprozess etwas regt - was allerdings vom Drängen der USA abhängt. Zur Lösung des Palästinenserproblems haben die bislang vier Koalitionsparteien nämlich jeweils ihre ganz eigenen Vorstellungen. Und so wird jeder Schritt, egal in welche Richtung, die Koalition ins Wanken bringen.
Netanjahus Regierung also kann nicht funktionieren. Sie ist ein Bündnis, das sich auf machtpolitische Interessen stützt. Es geht um Geld und vor allem um Posten. Den peinlichsten Zickzackkurs legte Ehud Barak hin: Der Chef der Arbeitspartei hatte noch in der Wahlnacht angekündigt, in die Opposition zu gehen, konnte dann aber doch nicht der Versuchung widerstehen, weiter Verteidigungsminister zu bleiben.
Barak schließt sich der Regierung ausschließlich rechter Parteien an und verrät damit die grundlegenden Ideen der israelischen Sozialdemokraten. Die Zweistaatenlösung und die Arbeitspartei sind voneinander untrennbar. Genau das lehnt Netanjahu jedoch ab. Barak kehrt seinem politischen Ziehvater Jitzhak Rabin, der für diese Friedenslösung sein Leben ließ, den Rücken, um für sich selbst noch ein oder zwei Jahre als Minister herauszuschlagen.
Danach wird es zwingend wieder Neuwahlen geben, mit leicht veränderter Perspektive. Bleibt es nämlich bei den vier jetzigen Koalitionsparteien, könnte die Regierung eine Wahlreform durchsetzen und damit die politische Zersplitterung beenden. Das wäre ein wichtiger Prozess, der das politische System stabiler machen und die großen Parteien stärken würde - bis auf eine: Die Arbeitspartei kann nach dem Ausverkauf ihrer politischen Grundsätze kaum noch damit rechnen, auf absehbare Zeit eine Rolle zu spielen.
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