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Kommentar Islamismus in FrankreichBumerang aus der Banlieue

Rudolf Balmer
Kommentar von Rudolf Balmer

Die Ignoranz gegenüber den Bedürfnissen migrantischer Jugendlicher rächt sich: Der radikale Islam liefert ihnen Antworten auf ihre Marginalisierung.

Eine Polizistin am Tatort in Dijon. Erst wurde vermutet, dass der Vorfall einen islamistischen Hintergrund habe Bild: dpa

D ie Vorstellung, dass es sich bei dschihadistischen Einzelkämpfern und ihren Aktionen in Frankreich um Taten von geistig Verwirrten handeln könnte, trägt keineswegs zur Beruhigung bei. Im Gegenteil wächst wegen der Irrationalität die Angst vor dem Phänomen. Auch erscheinen die Justiz- und Polizeibehörden in ihren Versuchen, die Vorbereitung von Terrorakten durch Aufklärung, Kontrollen und Überwachung zu vereiteln, eher hilflos.

Die rassistischen Rechtspopulisten nutzen diese seit Längerem latent existierende Angst, um die Stimmung gegen Muslime und Immigration anzuheizen. Ihnen kommt entgegen, dass seit Jahren die Furcht vor einem Teil der Vorstadtjugend den Boden für diese Paranoia im Hintergrund vorbereitet hat.

Die soziale, ökonomische und kulturelle Diskriminierung der Jugendlichen aus Migrantenfamilien in der Banlieue hat bei vielen Betroffenen ein verständliches Gefühl der Verbitterung geschaffen. Die Gräben sind sehr real. Die Banlieue-Unruhen von 2005 sind unvergessen. Damals gingen aus Wut über diese Situation in den Vorstädten Autos in Flammen auf.

Jetzt droht sich zu rächen, dass in Frankreich die nicht integrierten Jugendlichen marginalisiert wurden. Die Gewalt kommt wie ein Bumerang aus der Banlieue zurück – in einer anderen Gestalt.

So kann man es nämlich analysieren, dass eine Minderheit der Banlieue-Jugend im radikalen Islam eine Antwort auf die Fragen zur eigenen Randstellung in der französischen Gesellschaft sucht oder im Extremfall den islamistischen Terroristen in die Arme getrieben wird.

Das soziologische Profil dieser jungen Franzosen und Französinnen, die nach Syrien oder in den Irak in den unheiligen Krieg ziehen, bestätigt fast immer diese Betrachtungsweise – die sich in der Folge nur allzu schnell zum Klischee und Feindbild zu verfestigen droht.

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Rudolf Balmer
Auslandskorrespondent Frankreich
Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.
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6 Kommentare

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  • Bizarr. Somit werden beispielsweise der Überfall und die brutale Vergewaltigung einer jungen jüdischen Frau in ihrer Wohnung dadurch erklärt (und stillschweigend gerechtfertigt), weil man es denjenigen, die sich zu integrieren haben, nicht leicht genug gemacht hat?

     

    Könnte es nicht damit zu tun haben, dass Zuwanderer aus bestimmten Herkunftsländern (arabisch-muslimische Gesellschaften) einfach auch in Europa ihre Feindschaft gegenüber Andersgläubigen ausleben? Und wie soll man denn solche Menschen integrieren? Und wieso sollte es meine Pflicht sein, solche Menschen willkommen zu heißen?

     

    Der Artikel levt in der Welt der Gutmenschen, die nicht wahrhaben wollen, dass Menschen unterschiedliche Wertevorstellungen haben, die sogar soweit gehen können, dass man andersgläubige oder andersartige Menschen umbringen möchte.

    • @Konstantin Tremmel:

      dass menschen unterschiedlichem glauben anhängen können/tun - d'accord.

      aber dass menschen von anderer als menschenart sein könnten - mir will scheinen, dass das keine islamische idee ist sondern eine europäische. eine, die aufs engste mit europäischem nationalstaat und kolonialismus zusammenhängt.

  • bizzar!

    unter ausblendung der kolonialgeschichte werden die bewohnerinnen der banlieus zu migranten erklärt.

    was ich jetzt gern wüßte: überträgt Balmer das 'schländische erklärungsmuster auf fronkroisch oder haben die franzosen sich dies selbst ausgedacht?

  • Auch Marginalisierung hat zwei Seiten, in jedem Land und jeder sozialen Struktur!

    Natürlich ist das retadierende Moment eines fest gefügten Ghettostruktur für junge Leute erheblich, aber wer dort "radikalisiert" sich denn vorwiegend?

     

    Oft genug Personen die keine Faustkeil gerade halten können und deren Lesevermögen und Abstraktionsfähigkeit nicht mal ausreicht eine funktionsfähige USBV zu erstellen..

    Es müssen nicht nur ausreicehnde Integrationsmöglichkeiten bereitgestellt werden, es muss auch genug "Hirn" zum integrieren da sein!

    • @KarlM:

      sehr treffend formuliert!

  • Ja klar, immer wird bei diesen "Marginalisierten" nach Entschuldigungen gesucht und im Endeffekt ist "der Westen" bzw. die "Mehrheitsgesellschaft" schuld.

     

    Ich warte auf den Tag, an dem die gleichen Maßstäbe mal für die marginalisierten ostdeutschen Jugendlichen angelegt werden....

     

    Dabei bin ich weder der Auffassung, man müsse nicht tatsächlich auch Schuld bei der Mehrheitsgesellschaft suchen....aber dieses Messen mit zweierlei Maß ekelt mich langsam regelrecht an. Als ob der islamistische Kopfabschneider immer nur Opfer und der glatzköpfige Brandstifter immer nur Täter wäre....