Kommentar Iranpolitik der EU: Gutes Signal, geringer Effekt
Die EU will Unternehmen helfen, trotz der US-Sanktionen Handel mit dem Iran zu treiben. Brüssel zeigt damit, dass es zum Atomabkommen steht. Gut so.
Z wölf Berichte hat die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) seit dem Inkrafttreten des Atomabkommens mit dem Iran 2016 vorgelegt – den letzten erst vor wenigen Wochen. Das Ergebnis war stets: Die Islamische Republik hält sich an die Vereinbarungen.
US-Präsident Donald Trump ist im Mai dennoch aus dem Iran-Deal ausgestiegen, den er „furchtbar“ und „einseitig“ nannte. Diese Einschätzung wird von den anderen am Deal beteiligten Partnern (EU-Vertreter, China, Russland) allerdings nicht geteilt.
Nun könnte man meinen, das Abkommen würde auch ohne Trump funktionieren. Doch dieser Überlegung steht die Handelsmacht der Vereinigten Staaten entgegen. Washington droht Unternehmen auch außerhalb der USA mit empfindlichen Strafen, wenn sie weiterhin mit dem Iran Handel treiben. Anfang November tritt die nächste Stufe der US-Sanktionen in Kraft, die den Ölhandel und Zahlungsgeschäfte betrifft.
Insofern gibt es plausible ökonomische Gründe, dass die EU ausgerechnet jetzt eine Finanzinstitution für den Tauschverkehr mit dem Iran ins Leben rufen will, wie Außenbeauftragte Federica Mogherini Montag angekündigte.
EU zeigt sich als verlässlicher Partner
Die Effekte dürften allerdings gering sein, weil große Unternehmen aus Angst den Absatzmarkt USA zu verlieren, ohnehin nicht mitmachen würden. Auf diplomatischer Ebene ist der Vorstoß problematisch, denn die EU brüskiert damit die US-Regierung.
Wegen des noch immer gärenden transatlantischen Handelsstreits scheint es wenig ratsam dass die EU in Sachen Iran eine Machtprobe mit Trump wagt, die das US-Geschäft der heimischen Unternehmen noch weiter gefährdet.
Das Signal der Partner des Atomabkommens Richtung Teheran ist dennoch wichtig. Es lautet: „Wenn ihr euch an die Vereinbarungen haltet, lassen wir euch nicht hängen.“ Gut so. Denn ein in den Welthandel eingebundener Iran, dessen Nuklearprogramm alle paar Monate evaluiert wird, ist weniger gefährlich als ein isolierter Iran, der die Atombombe für die einzige Überlebensgarantie hält.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
„Männer“-Aussage von Angela Merkel
Endlich eine Erklärung für das Scheitern der Ampel
Sport in Zeiten des Nahost-Kriegs
Die unheimliche Reise eines Basketballklubs
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“