Kommentar Iran und Atom: Gescheiterte Sanktionspolitik

Wenn nur die USA und die EU die Sanktionen gegen Iran verschärfen, wäre das die Fortsetzung einer scheiternden Strategie. Es braucht eine regionale Vereinbarung.

Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) hat in ihrem jüngsten Bericht zum Iran zwar noch keine endgültigen Beweise für geheime Atomwaffenbestrebungen vorgelegt. Aber doch neue, sehr handfeste Indizien.

Die Dementis aus Teheran klingen unglaubwürdig. Zumal die Regierung sich unter Verletzung ihrer Verpflichtungen nach dem Atomwaffensperrvertrag weigerte, mit der IAEO über diese Indizien zu sprechen und sie - möglicherweise - zu entkräften.

Doch der Ruf nach neuen, "schärferen" (Guido Westerwelle), "lähmenden" (Benjamin Netanjahu), ja "beispiellosen" (Nicolas Sarkozy) Sanktionen gegen Teheran ist nichts weiter als hilflos. Die mit diesen Forderungen insinuierte Wirkung auf die iranische Führung ließe sich - wenn überhaupt - nur erzielen, wenn derartige Sanktionen global verbindlich vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verhängt würden.

Doch dazu wird es nicht kommen wegen der Bedenken nicht nur der beiden Vetomächte Russland und China, sondern auch gewichtiger Ratsmitglieder wie Indien, Brasilien, Südafrika und Nigeria. Wenn stattdessen nur die USA und die Europäische Union die Sanktionen verschärfen, wäre das die Fortsetzung einer bereits seit sechs Jahren verfolgten Strategie, die von Anfang an zum Scheitern verurteilt war und kontraproduktiv wirkte.

Seit Anfang 2005 fordern EU und USA von Teheran die vollständige Beendigung der Urananreicherung und drehen wegen der Nichterfüllung dieser Forderung an der Sanktionsschraube. Im Ergebnis dieser Strategie wurden die Hardliner um Präsident Ahmadinedschad gestärkt.

Das Festhalten an dem in jeder zivilen, militärischen, wirtschaftlichen und ökologischen Hinsicht unsinnigen Atomprogramm diente Ahmadinedschad zur Profilierung gegen äußere Feinde. Und die innenpolitischen Kritiker dieses Programms wurden mundtot gemacht.

Doch eine isolierte Lösung des Konflikts um das iranische Atomprogramm und die Überwindung der davon ausgehenden tatsächlichen oder vermeintlichen Bedrohung für Israel und andere Staaten wird es nicht geben. Auch nicht mithilfe von verschärften Sanktionen oder gar Militärschlägen. Beides wird nur gelingen im Kontext einer regionalen Vereinbarung über eine massenvernichtungswaffenfreie Zone im Nahen und Mittleren Osten.

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Journalist und Buchautor, Experte für internationale Beziehungen und Konflikte. Von 1988-2020 UNO- und Schweizkorrespondent der taz mit Sitz in Genf und freier Korrespondent für andere Printmedien, Rundfunk-und Fernsehanstalten in Deutschland, Schweiz,Österreich, USA und Großbritannien; zudem tätig als Vortragsreferent, Diskutant und Moderator zu zahlreichen Themen der internationalen Politik, insbesondere:UNO, Menschenrechte, Rüstung und Abrüstung, Kriege, Nahost, Ressourcenkonflikte (Energie, Wasser, Nahrung), Afghanistan... BÜCHER: Reform oder Blockade-welche Zukunft hat die UNO? (2021); Globales Chaos-Machtlose UNO-ist die Weltorganisation überflüssig geworden? (2015), Die kommenden Kriege (2005), Irak-Chronik eines gewollten Krieges (2003); Vereinte Nationen (1995) AUSZEICHNUNGEN: 2009: Göttinger Friedenspreis 2004:Kant-Weltbürgerpreis, Freiburg 1997:Goldpreis "Excellenz im Journalismus" des Verbandes der UNO-KorrespondentInnen in New York (UNCA) für DLF-Radiofeature "UNO: Reform oder Kollaps" geb. 1954 in Köln, nach zweijährigem Zivildienst in den USA 1975-1979 Studium der Sozialarbeit, Volkswirtschaft und Journalismus in Köln; 1979-81 Redakteur bei der 1978 parallel zur taz gegründeten Westberliner Zeitung "Die Neue"; 1981-87 Referent bei der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, verantwortlich für die Organisation der Bonner Friedensdemonstrationen 1981 ff.; Sprecher des Bonner Koordinationsausschuss der bundesweiten Friedensbewegung.

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