piwik no script img

Kommentar Insolvenz bei der Gorch FockSystem der Verantwortungslosigkeit

Tobias Schulze
Kommentar von Tobias Schulze

Von der Leyen war angetreten, die Beschaffungsprobleme bei der Bundeswehr zu lösen. Die Pleite bei Gorch Fock entblößt jetzt ein versagendes System.

Die Ministerin mag es nicht mehr sehen Foto: ap

W as genau bei der Sanierung der Gorch Fock alles schief gelaufen ist, müssen Bundestag, Rechnungshof und Staatsanwaltschaft erst noch klären. Dass etwas gehörig schief gelaufen ist, steht aber schon mal fest: Die Kosten sind von ursprünglich 9,6 Millionen Euro auf bis zu 135 Millionen oder sogar mehr gestiegen. Ein Teil des Geldes ist in der mittlerweile insolventen Werft versickert, es laufen Ermittlungen wegen Untreue und Korruption.

Und ob das in Einzelteile zerlegte Schiff jemals wieder fahren wird, weiß heute kein Mensch. Der Bundestag stellt zurecht Fragen nach der Verantwortung – und damit kommt Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen so langsam in richtige Schwierigkeiten.

Schon vor ihrer Amtszeit hatte die Bundeswehr Probleme mit Beschaffungsmaßnahmen und deren Kosten. Die CDU-Politikerin war mit dem Ziel angetreten, sie zu lösen. Ihr Ansatz, dafür externe BeraterInnen einzukaufen, ist bisher aber nicht aufgegangen. Im Gegenteil: Consulting-Aufträge wurden offenbar falsch abgerechnet, Verträge entgegen der Richtlinien freihändig vergeben, persönliche Bekannte von EntscheidungsträgerInnen im Ministerium mutmaßlich begünstigt. Zurecht hat von der Leyen wegen dieser Vorgänge inzwischen ihren ersten Untersuchungsausschuss am Hals.

Die Gorch Fock hat mit den Beratern direkt nichts zu tun. Aber auch sie steht für die Mängel im Beschaffungswesen – und hier hat die Ministerin persönlich eine Mitverantwortung: Als die Sanierungsprobleme intern schon offensichtlich waren und sich die Kosten vervielfacht hatten, erteilte sie selbst die Genehmigung, weiterzumachen.

Für Hans-Peter Bartels (SPD), den Wehrbeauftragten des Bundestags, steht dahinter ein grundsätzliches Problem. Das Beispiel Gorch Fock zeige „paradigmatisch die Diffusion von Verantwortung in einer zersplitterten Zuständigkeitskultur“ in Bundeswehr und Ministerium, schrieb er vor wenigen Wochen in seinem Jahresbericht. Dieses System der Verantwortungslosigkeit hat von der Leyen sicher nicht geschaffen. Auflösen wird sie es aber wahrscheinlich auch nicht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Tobias Schulze
Parlamentskorrespondent
Geboren 1988, arbeitet seit 2013 für die taz. Schreibt als Parlamentskorrespondent unter anderem über die Grünen, deutsche Außenpolitik und militärische Themen. Leitete zuvor das Inlandsressort.
Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • 135 Millionen? Für die Reparatur eines Segelschiffes? Welcher auch nur im entferntesten klar denkende Mensch nickt denn so etwas ab?



    Da fehlen einem die Worte. Ich bin gespannt, ob hier mal jemand zur Rechenschaft gezogen wird.

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @Lennard Meyer:

      Man hat vermutlich relativ schnell festgestellt das ein Neubau günstiger wäre. Aber das Problem ist das ein Neubau um Gegensatz zur Wartung erstmal durchs Parlament muss das diskutiert dann ewig, will dann weniger Geld ausgeben als veranschlagt etc. Deswegen ist es aus Sicht der Zuständigen zum damaligen Zeitpunkt sinnvoller gewesen mit den hohen Kosten zu leben.

  • Das Problem ist einfach die mangelnde Tranzparenz und weder die Regierung noch der Bendlerblock wollen das ändern.

    In dem z.B. die Gesamtkosten von Rüstungsprojekten nicht veröffentlicht werden und als VS gelten, kann von außen kaum Kontrolle erfolgen.

    Beispiel, beim A400 M müssen teilweise absurd hohe Preise für die Ersatzteil des Triebwerkherstellers aufgerufen werden, ansonsten sind die hohen Betriebskosten nicht zu erklären. Das wäre also versteckte Beihilfen für die Entwicklung, die eigentlich mit dem Hauptvertrag abgegolten sind.

    Und solange sich das nicht ändert, kann es nicht besser werden.

  • Hauptsache Frau von der Leyen trägt schwer an ihrer Verantwortung. Wahrscheinlich prangert sie jetzt noch die fehlende Haltung der Bundeswehr bezüglich der Verschwendungskultur an und beautragt McKinsey, diese in einer Studie zu untersuchen.

  • Das Schicksal der Gorch Fock erinnert mich irgendwie an unsere Verteidiungsministerin! Warum wohl?