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Kommentar Hotelverbot für NPD-ChefZu differenziert, um Einfluss zu haben

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Neonazis dürfen in Hotels Hausverbot bekommen, aber nicht wenn sie schon einen Vertrag haben. Das BGH-Urteil ist wohlabgewogen, wird aber bald wieder verpuffen.

E in Brandenburger Wellness-Hotel durfte dem damaligen NPD-Vorsitzenden Udo Voigt ein Hausverbot erteilen. Allerdings gilt das Hausverbot nicht, wenn das Hotel bereits einen Vertrag mit Voigt geschlossen hatte. Dies entschied am heutigen Freitag der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Unter dem Strich haben beide Seiten einen Teilerfolg erzielt, das Hotel und der Rechtsxtreme. Da in den Vorinstanzen das Hotel zwei Mal in vollem Umfang gewonnen hatte, ist Voigt zumindest der Sieger des Tages.

Der Fall ist paradox. Ausgerechnet ein Rechtsextremer will nicht diskriminiert werden und fordert die Gleichbehandlung aller Menschen im Alltag. Er vertritt also – ausnahmsweise – die richtigen Werte, doch man gönnt ihm die Diskriminierungserfahrung von Herzen.

Dagegen verteidigt der Hotelier sein Gästeparadies, indem er sich gegenüber Udo Voigt betont ungastlich zeigt. „Keine Gastfreundschaft für die Feinde der Gastfreundschaft“ ist seine Devise. Man kann ihn verstehen, aber wie immer in solchen Fällen stellt sich die Frage, ob man Werte wie Egalität und Toleranz überzeugend vertritt, in dem man sie ausdrücklich nur selektiv gelten lässt.

Bild: privat
CHRISTIAN RATH

ist rechtspolitischer Korrespondent der taz.

Das Signal des BGH ist nun alles andere als eindeutig. Einerseits haben die Richter darauf verwiesen, dass eine Privatperson nicht alle Menschen gleich behandeln muss, wenn sie keine Lust dazu hat. Zurecht, denn ein Hotel ist keine Behörde. Auch das Recht, zu diskriminieren, ist grundrechtlich geschützt.

Zugleich haben die Richter aber Ausnahmen angedeutet und zugelassen. So gilt das Urteil erst einmal nur für exklusive Wellness-Hotels. Außerdem muss ein bereits geschlossener Vertrag grundsätzlich eingehalten werden. Das wird darauf hinauslaufen, dass künftig an Hotelrezeptionen „schwarze Listen“ von Personen ausliegen, mit denen das Personal auf keinen Fall einen Beherbergungsvertrag abschließen soll. Auch kein schöner Gedanke. Aber letztlich läuft selbst das leer, wenn Hotelverträge über Portale wie HRS im Internet geschlossen werden oder über größere Reiseveranstalter.

Differenzierte Signale freuen zwar die Juristen, weil sie eine wohlabgewogene Lösung andeuten – und viel Potenzial für neue Rechtsstreitigkeiten verheißen. Gesellschaftlich wird das BGH-Urteil aber verpuffen. Entweder die Leute steigen nicht mehr durch oder jeder zitiert nur das, was ihm gerade passt.

Deshalb wäre jede andere Lösung besser gewesen, sei es ein klarer Sieg für Voigt und die Gleichbehandlung oder ein eindeutiger Erfolg für das Hotel und die Privatautonomie.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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5 Kommentare

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  • S
    Schläfer

    Schön, dass hier etliche Kommentare nicht dem üblichen "Dem geschieht das doch recht"-Muster folgen.

     

    Wer Folter ablehnt, kann sie nicht gut heissen, würde sie Bush junior treffen.

     

    Wer Diskriminierung ablehnt, kann sie nicht gut heissen, wenn sie Herrn Voigt trifft.

     

    Die Grundrechte sind für alle Bürger gleich.

  • B
    Bernd

    Das ist ein krasses Fehlurteil, das vor dem BVerfG kaum Bestand haben dürfte. Wo sollen die Menschenrechte und das Verbot, jemanden wegen seiner politischen Anschauungen zu benachteiligen (Art.3 GG)den gelten, wenn nicht auch für Unternehmen und Privatpersonen? Wenn Unternehmen tatsächlich Personen wegen ihrer politischen Anschauungen vom allgemeinen Geschäftsverkehr ausschließen dürfen, dann werden wir bald erleben, wie LINKE, Piraten, Grüne, Feministinnen, Umweltaktivisten und andere "rechtskonform" diskriminiert werden. Hausverbote sind nur gerechtfertigt, wenn ein konkretes Handeln der Personen im Geschäftsverkehr vorliegt, das die Geschäftsausübung beeinträchtigt. Die Stärke des liberalen Rechtstaates besteht darin, auch freiheitsfeindliche Gesinnungen auszuhalten, solange keine Gesetze gebrochen werden. Aber der Europäische Gerichtshof wird unserer Jusitz sicher bald wieder Nachhilfe bei der Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention geben.

  • A
    ama.dablam

    Da ist guter Rat teuer, denn es gibt keine wirklich befriedigende Lösung. Sonst hätten wir entweder Kontrahierungszwang, was keiner wirklich wollen kann, oder in einem Fall wie dem vorliegenden würden die Gerichte einen Grund zu außerordentlichen Kündigung bzw. zum Rücktritt vom Vertrag anzunehmen, was - in den Grenzen des AGG, das hier nicht anwendbar war - dann nicht nur für NPD-Mitglieder gelten würde, sondern jeden politisch Exponierten, der seinem Vertragspartner nicht passt.

     

    So gesehen ist das Urteil ok, denn es bleibt immer noch die Möglichkeit, bei abgeschlossenen Verträgen im Falle konkreter Störung, z.B. des Hausfriedens, den Gast rauszuschmeissen.

     

    Wieso das Urteil aber nur für Wellness-Hotels gelten soll, ist mir schleierhaft. Es gilt im Grunde nicht nur für Beherbergungsbetriebe jeder Art, sondern darüber hinaus auch für den gesamten Bereich privatrechtlicher Vertragsanbahnung, wie gesagt, in den Grenzen des AGG und beschränkt die Möglichkeit der Ersatzpflicht des Vertragspartners gem. § 311 BGB.

  • JG
    Jürgen Gojny

    So, so, der Faschist und mehrmals vorbestrafte Kriminelle Udo Voigt möchte ein Wellness-Erlebnis haben. Bitte sehr, bitte gleich. Er ist herzlich nach Dortmund eingeladen, um für unbestimmte Zeit im "Lübecker Hof" auf Staatskosten zu logieren. Die dortige Wachtmeisterei ist sicherlich gerne bereit, ihm als spezielles Wellness-Treatment Hautmassagen mit dem Schlagstock zu verabreichen.

  • W
    webster

    Das ist total undurchsichtig. Hausrecht gilt, aber wenn eine Disko einen Schwarzen abweist, dann gilt es auf einmal nicht mehr und es muss Strafe gezahlt werden. Wieso gilt es bei Vogts aber nicht bei Schwarzen bzw. Türken? Das ist linke Gesinnungsjustiz!