Kommentar Homo-Ehe in Kalifornien: Ein richtungsweisender Schritt
Das Verbot der Homo-Ehe in Kalifornien wurde für verfassungswidrig erklärt. Ein gewaltiger Schritt nach vorn, doch gewonnen ist der Kampf noch lange nicht.
D as Urteil der kleinen Kammer des 9. Bundesberufungsgerichtes in Kalifornien, mit dem das 2008 per Volksentscheid eingeführte Verbot der Homoehe für verfassungswidrig erklärt wird, ist zunächst nur ein weiterer Zwischenschritt in dieser seit rund vier Jahrzehnten andauernden Debatte in den USA.
Und doch ist es ein gewaltiger Schritt nach vorn, wenn das Gericht feststellt, dass das damalige Referendum nur dem Zweck diente, einer Minderheit Rechte zu nehmen, ohne dass dadurch irgendein Nutzen entstehe: "Anzunehmen, dass es irgendwie die Stabilität von durch einen Mann und eine Frau angeführten Familien fördere, wenn man zwei Männern oder zwei Frauen das Recht nimmt, sich für verheiratet zu erklären, ist irrig", schrieb das Gericht.
Recht haben die Richter. Und sie dringen damit zum Kern der Debatte vor: Was bilden sich die konservativen religiösen Fanatiker eigentlich ein? Wie kommen sie dazu, schwulen und lesbischen Menschen ihren Weg zum privaten Glück verbieten zu wollen?
ist Redakteur im Auslandsressort der taz und zuständig für die Amerika-Berichterstattung.
Ausgerechnet die Konservativen, die so massiv auf individuelle Freiheitsrechte bestehen, wenn es darum geht, Steuern, Krankenversicherung oder staatlichen Umweltschutz zu geißeln, rechtfertigen diesen massiven Eingriff ins Privatleben anderer unter Berufung auf traditionelle Werte. Das ist nicht nur inkohärent, das ist schäbig und widerlich. Es ist gut, dass die Richter das so klargestellt haben.
Allerdings: Gewonnen ist der Kampf noch lange nicht. Das Urteil begründet auch nicht ein homosexuelles Recht auf Ehe, sondern sagt lediglich, dass es verfassungswidrig sei, wenn man bestimmten Personengruppen solche Rechte ohne Sinn und Zweck wieder entzieht.
Der Kampf um dieses Recht muss vor allem politisch weitergeführt werden, nur dann werden die Gerichte folgen. Aber dafür stehen die Zeichen nicht schlecht: 70 Prozent der jüngeren US-AmerikanerInnen unterstützen die Homoehe, ein neuer Rekord. Die Konservativen stehen da, wie sie sind: von gestern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht räumt Irrtum vor russischem Angriff ein
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren