Kommentar Hollandes Sicherheitsgesetze: Marine Le Pen freut sich
Die Machtfülle des französischen Präsidenten wächst weiter. Er kann künftig die Demokratie außer Kraft setzen. Das könnte böse Folgen haben.
S einen markigen Worten folgen nun markige Taten. François Hollande präsentiert sich seinen Landsleuten in diesen Tagen als unerschrockener Präsident, der dem Terror nicht nur mit martialischen Worten begegnet. Doch der Kampf gegen den Terror birgt stets auch die Gefahr irreparabler Kollateralschäden.
Mit Härte im Äußeren wie im Inneren will er der Grande Nation jene Sicherheit zurückgeben, die sie durch die Anschläge von Paris verloren hat. Das entspricht dem Bedürfnis vieler Französinnen und Franzosen. Sie erwarten zu Recht von ihrem Präsidenten, dass er ihnen größtmöglichen Schutz vor der dschihadistischen Bedrohung bietet. Gesetzesverschärfungen sind aber ein gefährliches Mittel.
„Liberté, Égalité, Fraternité“ lautet der Wahlspruch Frankreichs. Es ist das kostbare Gut der demokratischen Zivilgesellschaft, das es gegen die dschihadistische Bedrohung zu verteidigen gilt. Damit verträgt sich jedoch weder eine gesetzliche Einschränkung der Grund- und Freiheitsrechte noch die Ausweitung präsidialer Rechte.
Schon jetzt besitzt Hollande eine Machtfülle, wie sie beispiellos in westlichen Demokratien ist – ein Erbe Charles de Gaulles‘.Aus gutem Grund hat sich Recep Tayyip Erdoğan das Präsidalsystem Frankreichs zum Vorbild für seine autoritären Staatsumbaupläne der Türkei erkoren.
Im Notstandsfall kann der französische Präsident sogar die Demokratie vorübergehend außer Kraft setzen. Letztlich kann dann allein das demokratische Bewusstsein des Präsidenten seine Machtfülle noch wirksam begrenzen. Um sich darauf nicht verlassen zu müssen, müssten ihm eigentlich Rechte beschnitten werden. Hollandes innenpolitischer Aktionismus geht genau in die andere Richtung.
Das könnte fatale Folgen haben. Die nicht völlig abwegige Vorstellung, Marine Le Pen könnte einmal in den Élyséepalast einziehen, wird so noch gruseliger. Einen Hinweis, wie groß diese Gefahr ist, dürften die Regionalwahlen Anfang Dezember liefern.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Treffen in Riad
Russland und USA beschnuppern sich vorsichtig