Kommentar Hilfen für Griechenland: Weiter am Tropf der Gläubiger
Mit der Einigung der Eurogruppe auf weitere Hilfskredite für Griechenlands ist kein Problem gelöst. Deutschland ist das Haupthindernis.
J etzt ist Griechenland aber wirklich gerettet, und die Schuldenlast wird auch endlich verringert! Diese frohe Botschaft verkündet die Eurogruppe nach ihrer Nachtsitzung in Brüssel, die bis vier Uhr Morgens dauerte. Doch sie stimmt nicht.
Kein einziges Problem ist gelöst, Deutschland bleibt das Haupthindernis für eine nachhaltige Entspannung der Lage. Finanzminister Wolfgang Schäuble war es, der eine rasche Einigung auf Schuldenerleichterungen verhinderte, wie sie der Internationale Währungsfonds (IWF) gefordert hatte. Sofort, umfassend und ohne Vorbedingungen wollte der IWF Griechenland entlasten. Stattdessen sind nun kurz-, mittel- und langfristige „Maßnahmen“ geplant, die alle an Bedingungen gebunden sind.
Einen echten Schuldenschnitt wird es nicht geben, dafür hat Schäuble gesorgt – immer die CDU/CSU-Fraktion und die AfD fest im Blick, die sich gegen „Opfer der deutschen Steuerzahler“ stemmen. Aber auch eine echte Umschuldung steht noch in den Sternen. Darüber will die Eurogruppe erst 2018 befinden – nach der Bundestagswahl. Auch das hat Schäuble durchgesetzt.
Zwar bleibt der IWF an Bord des Euro-Rettungsbootes, obwohl seine Forderungen von Deutschland massiv abgeblockt wurden. Doch ob sich der Fonds auch finanziell beteiligt, wird erst im Herbst entschieden. Davon, dass sich die Eurogruppe mit dem IWF dauerhaft geeinigt habe, kann keine Rede sein. „Es gibt keine Garantie“, räumte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem ein. Ebensowenig gibt es eine Garantie, dass es Griechenland nach diesem angeblich „umfassenden“ Deal besser gehen wird. Denn der beruht weiter auf der völlig unrealistischen, ökonomisch sogar widersinnigen Annahme, dass das Land dauerhaft enorme Haushaltsüberschüsse erzielen kann. Genau diese Annahme hat der IWF kritisiert. Und dennoch hält die Eurogruppe daran fest.
Dass nun endlich 10,3 Milliarden Euro an frischen Hilfskrediten ausgezahlt werden sollen, macht die Sache kaum besser. Denn die Auszahlung ist wiederum an Bedingungen gebunden. Vor allem bei der Privatisierung gibt es noch Probleme: Offenbar geht Schäuble der Ausverkauf Griechenlands noch nicht weit genug. Außerdem wird das Geld wieder nur scheibchenweise überwiesen. Griechenland bleibt also am Tropf seiner Gläubiger. Das lang ersehnte Signal, dass sich die enormen Opfer gelohnt haben und bald spürbare Entlastung kommt, wurde wieder einmal verschoben. Letztlich ist die Zukunft des Landes nun vom Ausgang der deutschen Bundestagswahl abhängig. Erst wenn Schäuble weg ist, kann Griechenland aufatmen – vielleicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga