Kommentar Hilfe für Rohingya: Bloß nicht die Finger verbrennen
Von wem können die Rohingya Hilfe für einen Weg aus ihrer Lage erhoffen? Die internationale Gemeinschaft muss die Verantwortung übernehmen.
W er in aller Welt ist zuständig, wenn eine Regierung einen Teil der eigenen Bevölkerung zu Feinden erklärt, ihn mit nackter Gewalt über die Grenze ins Nachbarland treibt und damit de facto weit über eine halbe Million Menschen zu Staatenlosen macht? Wer übernimmt die Verantwortung?
620.000 Rohingya sind, sagt die UNO, innerhalb von weniger als vier Monaten aus dem Westen Birmas ins arme Nachbarland Bangladesch geflüchtet. Dass diese Situation katastrophal ist, liegt auf der Hand. Ebenso klar ist, dass die Flüchtlingslager und -helfer jetzt sehr schnell sehr viel mehr Geld brauchen, um eine noch größere humanitäre Katastrophe in der Region zu verhindern. Die 20 Millionen Euro, die Bundesaußenminister Sigmar Gabriel zusätzlich für die Rohingya bereitstellen will, sind da sicher nützlich, aber bei Weitem nicht ausreichend.
Ebenso wichtig ist aber, dass Gabriel und seine AmtskollegInnen aus Schweden, Japan und der EU am Sonntag einen öffentlichkeitswirksamen Abstecher in die Flüchtlingslager eingeplant hatten, bevor sie zum Asien-Europa-Treffen (Asem) in die birmesische Regierungshauptstadt Naypyidaw gereist sind. Sie haben damit ein klares und überfälliges Statement abgegeben, was weltweit wahrgenommen wird.
Denn für viele der beim Asem-Gipfel versammelten Politiker – gerade aus Asien – ist der birmesische Konflikt zwischen der muslimischen Minderheit und der Bevölkerungsmehrheit ein Thema, an dem sie sich nicht die Finger verbrennen wollen. Es ist in ihren Augen so heikel, dass sie wie gelähmt reagieren.
Wenn sich aber die Nachbarstaaten nicht für zuständig erklären: Von wem können die Rohingya denn Hilfe für einen Weg aus ihrer Lage erhoffen? Waren nicht für solche Fälle die Vereinten Nationen gegründet worden? Ratlosigkeit ist keine Option mehr. Die internationale Gemeinschaft muss die Verantwortung übernehmen, dass für die Rohingya mehr getan wird, als sie humanitär zu versorgen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los
Verfassungsklage von ARD und ZDF
Karlsruhe muss die unbeliebte Entscheidung treffen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört