Kommentar Hightech für Reiche: Technik-Avantgarde und PC-Analphabeten

In der Computernutzung bei Kindern spaltet sich die Gesellschaft. Kommunikatonstechnologien haben die Kluft zwischen Arm und Reich noch vertieft.

Ob Google wirklich doof macht, wie ein Nachrichtenmagazin derzeit auf seiner Titelseite fragt, sei einmal dahingestellt. Sicher ist, dass als dumm abgestempelt wird, wer heute nicht mit dem Internet umzugehen weiß. Zwar gibt es durchaus noch Minister und sogar Unternehmenschefs, auf die das zutrifft. Doch sie geben sich zumindest der Lächerlichkeit preis, wenn man sie als IT-Laien outet.

Für die Mehrheit der Kinder und Jugendlichen in Deutschland gehören Computer und Handy längst ganz selbstverständlich zu ihrem Alltag, wie eine aktuelle Studie zum Freizeit- und Konsumverhalten von 6- bis 13-Jährigen ergeben hat. Sie sind die Technik-Avantgarde von morgen. Allerdings zeigt die Studie auch deutliche Unterschiede auf, was die soziale Herkunft betrifft. Während fast alle Kinder aus wohlhabenden Elternhäusern daheim einen Computer nutzen können, trifft das in einkommensschwächeren Haushalten lediglich auf zwei Drittel der Befragten zu. Schon im Kindesalter spaltet sich die Gesellschaft damit in eine Wissenselite - und eine Art Informationsproletariat.

Der britische Historiker Paul Kennedy hat dieses Phänomen einmal als "electronic gap" bezeichnet. Statt gesellschaftliche Ungleichheiten zu überwinden, haben die neuen Kommunikationstechnologien die Kluft zwischen Arm und Reichen sogar noch vertieft. Mögen Kulturpessimisten auch beklagen, dass manche Jugendliche ihre Zeit mit Computerspielen oder Internet-Chats verdaddeln. Schlimmer noch ist es, gar keinen Zugang zu einem Rechner zu besitzen. Denn in einer Wissensgesellschaft, in der Computerkenntnisse zum Allgemeinwissen gehören, wirkt sich PC-Analphabetismus negativ auf Berufs- und Bildungschancen sowie Teilhabe am gesellschaftlichen Leben aus.

Schulen, Universitäten, Kitas und Büchereien müssen darum einfachen Zugang zu PC und Internet gewährleisten. Aber ob das reicht, um die Kluft zu schließen? Der Deutsche Sozialgerichtstag dürfte da skeptisch sein. Er beklagt, dass viele Hartz-IV-Empfänger derzeit nicht einmal wissen, wie sie Schulbücher, Hefte, Stifte und andere Pflichtmaterialien für ihre Kinder bezahlen sollen.

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Daniel Bax ist Redakteur im Parlamentsbüro der taz. Er schreibt über Innen- und Außenpolitik in Deutschland, über die Linkspartei und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW). 2015 erschien sein Buch “Angst ums Abendland” über antimuslimischen Rassismus. 2018 veröffentlichte er das Buch “Die Volksverführer. Warum Rechtspopulisten so erfolgreich sind.”

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