Kommentar Hassprediger: Placebo gegen das Symptom
Die Gesetzesverschärfung, die Innenminister Hans-Peter Friedrich jetzt vorschlägt, braucht es gar nicht. Sie ist wahltaktisch motiviert und in der Praxis wertlos.
W as ist ein Hassprediger? Für die einen ist Thilo Sarrazin ein Hassprediger, weil er gegen Muslime hetzt, für die anderen auch Wolfgang Thierse, weil er gegen Schwaben stänkert. Oder der Kölner Kardinal Meisner, weil der die Homo-Ehe ablehnt. Aber niemand käme ernsthaft auf die Idee, einen von ihnen abzuschieben, bestenfalls im Scherz.
Nur bei islamistischen Aufwieglern wird das ernsthaft erwogen und selbst von liberalen Geistern für plausibel gehalten. Dabei gilt auch hier: Meinungsfreiheit ist immer die Meinungsfreiheit der Andersdenkenden.
Die Grenze dieser Freiheit ist klar definiert: Wer zur Gewalt aufruft, macht sich strafbar und kann, wenn er ausländischer Staatsbürger ist, schon jetzt ausgewiesen werden. Insofern braucht es die Gesetzesverschärfung, die Innenminister Hans-Peter Friedrich jetzt vorschlägt, gar nicht. Sie ist rein wahltaktisch motiviert – und in der Praxis wertlos.
ist Redakteur im Inlandsressort der taz.
Hinzu kommt, dass es sich bei vielen Salafisten, auf die der Gesetzentwurf gemünzt ist, um Konvertiten handelt, die schon von Geburt an die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Sie können gar nicht ausgewiesen werden. Statt sich mit den Wurzeln ihrer Radikalisierung zu befassen, verschreibt der Innenminister nur ein Placebo gegen das Symptom.
Friedrichs Gesetzentwurf fügt sich in die klar erkennbare Linie des Innenministers, den Salafismus zur größten Gefahr für unser Gemeinwesen zu stilisieren. Damit baut er einen Popanz auf. Nicht nur weil die rund 4.000 Salafisten in Deutschland unter den vier Millionen Muslimen in Deutschland eine verschwindend geringe Minderheit ausmachen. Sondern auch weil es andere politische Bewegungen gibt, die mindestens genauso gefährlich sind wie diese muslimische Sekte – nur kommen die ihm nicht so gelegen.
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