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Kommentar Hamburgs GrüneKein Etikettenschwindel

Kommentar von Sven-Michael Veit

Hamburgs Grüne müssen sich nach dem schwarz-grünen Irrweg programmatisch neu erfinden. Das Streichen des Kürzels GAL wäre nur Augenwischerei.

P olitik kann ja so herrlich simpel sein. Wenn nicht das Programm oder die Performance verantwortlich sein dürfen für miese Wahlergebnisse, muss es eben das Etikett sein. Denn ein Schuldiger wird ja gebraucht, um zu erklären, warum Hamburgs Grüne nach dem Bündnis mit der CDU hart in der Opposition landeten. Deshalb kommt manchen Grünen nun beim Kürzel GAL die Galle hoch. Es sei ihnen gegönnt.

Der Antrag auf Namensänderung, der in zwei Wochen auf dem GAL-Parteitag abgestimmt werden soll, bedeutet nichts anderes als den Verzicht auf politische Analyse und Selbstreflexion. Er ist eine programmatische Bankrotterklärung.

Denn Politik ist eben nicht simpel, sofern sie nachhaltig sein soll. Das sollte und das muss vor allem jene Partei beherzigen, die diesen Begriff in die politische Gestaltung einführte. Grüne WählerInnen sind vergleichsweise anspruchsvoll. Sie wollen überzeugt werden, nicht überredet – und schon gar nicht veräppelt.

Deshalb muss die GAL sich nach dem schwarz-grünen Irrweg, den viele Sympathisanten nicht mitgingen, tatsächlich neu bestimmen. Das ist mühsam, das darf nicht zur Nabelschau verkommen. Deshalb muss es im Interesse der GAL sein, ihr grünes Profil zügig zu sanieren.

Etikettenschwindel aber hilft da gar nichts.

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Hamburg-Redakteur
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2 Kommentare

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  • A
    Aksel

    "Verzicht auf politische Analyse und Selbstreflexion"

     

    Jetzt schlägts bei mir bißchen Dreizehn!

     

    Wir haben bei den Hamburger Grünen ein Jahr Analyse und Selbstreflexion betrieben nach der letzten Bürgerschaftswahl. Von oben nach unten und sehr viel von Basis nach Oben. An den verschiedensten Stellen verändern wir uns. Haben in dem Jahr programmatische Arbeit zurückgenommen als Landesverband um uns innerlich zu erneuern. Die dazu abschließende Landesmitgliederversammlung fand ein Presseecho das nur um das Wahlergebnis des neuen Vorstands ging.

    Naja, die typische journalistische Unfähigkeit komplexere Prozesse zu erwähnen und darzustellen.

     

    Wer kommentiert, sollte recherchieren, Herr Veit

  • TP
    Torsten Prinzlin

    Es ist ja einfach Kritik zu äußern, wenn man sich einen beliebigen Aspekt rauspickt.

     

    Die GAL hat jetzt einen über mehrere Monate laufenden internen Aufarbeitungsprozess hinter sich gebracht, um die Wahl 2011 zu analysieren und die Konsequenzen daraus zu ziehen.

    Ein Aspekt dabei ist die Frage des Namens. Bundesweit ist die Partei als Bündnis 90/Die Grünen bekannt, hier in Hamburg aus historischen Gründen als GAL. Was spricht also dagegen, sich darüber Gedanken zu machen, eine Anpassung vorzunehmen? Viele "Quiddjes" und junge Menschen können mit dem Begriff GAL nicht viel oder nichts anfangen. Daher ist eine Diskussion, ob man den Namen verändert auch der Frage geschuldet, wie man schneller erkennbar ist.

     

    Sven-Michael Veit sollte nicht entgangen sein, daß die Partei auch einen umfangreichen programmatischen Prozess in die Wege geleitet hat. Dabei werden in den nächsten Monaten viele Möglichkeiten genutzt, um mit den interessierten Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch zu kommen und ihre Wünsche und Ideen aufzugreifen.

    Aktuell hat die GAL-Bürgerschaftsfraktion unter dem Titel "Beweg die Stadt" ein Veranstaltungs- und Mitmachangebot zu Verkehrsthemen ins Leben gerufen, bei dem die Vorschläge der Hamburgerinnen und Hamburger für eine zukünftige Verkehrspolitik genutzt werden sollen.

     

    Im übrigen sei daran erinnert, daß die GAL bei der letzten Wahl 1,6% mehr Stimmen erhielt als in 2008. Insofern scheint der sog. Irrweg durchaus zusätzliche Anhänger aktiviert zu haben!