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Kommentar Guttenbergs DoktorarbeitZurück in die Zunft

Matthias Lohre
Kommentar von Matthias Lohre

Wozu die Verhinderungstaktik beim Prüfbericht der Uni zur Arbeit des gefallenen CSU-Helden? Sie zeugt vom Willen, seine baldige Rückkehr in die Zunft der Spitzenpolitiker vorzubereiten.

K arl-Theodor zu Guttenberg, der Exverteidigungsminister, lässt seine Anwälte nach Wegen suchen, wie sie ihm die peinliche Veröffentlichung eines Prüfberichts der Uni Bayreuth ersparen können. Dabei wird die zuständige Kommission im Kern längst Bekanntes wiederholen: Guttenbergs Doktorarbeit besteht überwiegend aus einer Collage von Texten anderer Autoren. Wozu also die Verhinderungstaktik des gefallenen CSU-Helden? Sie zeugt vom Willen, seine baldige Rückkehr in die Zunft der Spitzenpolitiker vorzubereiten.

Guttenbergs erster Schritt in Richtung Comeback war seine Rücktrittsrede. Darin versuchte er noch einmal, die Deutungshoheit über das Geschehene zu erlangen: Einem starken Helden, der sich lange schützend vor seine Soldaten gestellt hat, schwinden angesichts einer feindlichen Übermacht die Kräfte.

Nun machen Guttenbergs Anwälte offenbar "Vorbehalte" geltend gegen eine Veröffentlichung des Uni-Berichts. Komisch: Noch in seiner Rücktrittsankündigung hatte sich Guttenberg offen gezeigt und behauptet, es liege in seinem und "im öffentlichen" Interesse, "wenn auch die staatsanwaltlichen Ermittlungen etwa bezüglich urheberrechtlicher Fragen zeitnah geführt werden" könnten. Doch sein Wunsch nach einer öffentlichen Klärung der Vorwürfe muss in den vergangenen sechs Wochen irgendwo auf der Strecke geblieben sein.

Bild: privat

MATTHIAS LOHRE ist Parlamentsredakteur der taz.

Diese Verhinderungstaktik ist nicht besonders klug. Damit bestärkt Guttenberg nur all jene, die ihn ohnehin für einen Blender halten. Das muss ihm aber nicht schaden. Für viele seiner Anhänger zeigt das Maß der Kritik an ihrem Helden nur seine Größe. Gegen die Sehnsucht nach Charisma ist ein universitärer Prüfbericht machtlos. Guttenbergs politische Wiederauferstehung ist daher nur eine Frage der Zeit.

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Matthias Lohre
Schriftsteller & Buchautor
Schriftsteller, Buchautor & Journalist. Von 2005 bis 2014 war er Politik-Redakteur und Kolumnist der taz. Sein autobiographisches Sachbuch "Das Erbe der Kriegsenkel" wurde zum Bestseller. Auch der Nachfolger "Das Opfer ist der neue Held" behandelt die Folgen unverstandener Traumata. Lohres Romandebüt "Der kühnste Plan seit Menschengedenken" wird von der Kritik gefeiert.
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5 Kommentare

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  • K
    kaleb

    Was für ein Charisma bitte? Soll es etwa charismatisch sein, wenn man sich Gel in die Haare schmiert, eine antikisierende ovale Brille trägt und in Wort und Schrift ein paar Relativsätze verschachteln kann?

    Das Charisma-Argument und das Führungsstärke-Argument höre ich sonst immer bei der NPD – ich wundere mich, solches in der taz zu lesen!

    Dann diese Tour, dem KT den Charme eines Hochstaplers, Glücksspielers oder gar Casanovas anzuhängen, ist ja nun voll daneben. Der KT ist doch total verspießert. Er hat einen Omi-Fanclub wie Heintje und Roy Black!

    Aber man wundert sich schon über solche Verführungsversuche der Medien. Zum Glück sind sie zu plump…

  • M
    meerwind7

    Guttenbergs kostspieligster Fehler ist erstaunlicherweise „ungesühnt“ geblieben: Als Wirtschaftsminister rund 2 Monate im Amt, änderte er die Reihenfolge, nach der Autokäufer Zuschüsse aus der Abwrack- bzw. „Umweltprämie“ bekommen sollten:

    Nach der ursprünglichen Regelung war die Reihenfolge der Zulassungen maßgeblich. Dies sollte den Autofirmen helfen, unverkaufte Bestände schnell loszuwerden und einen Einbruch der Beschäftigung zu vermeiden.

    .

    Guttenberg änderte das ab und versprach nun Abwrackprämien in der Reihenfolge des Kaufvertragsabschlusses. Die Produktion und Zulassung der Autos konnte erst später erfolgen. Dies hatte zwei schwerwiegende Folgen:

    .

    1. Bereits nach der alten Regelung war die Prämiensumme faktisch schon ausgeschöpft, als Guttenberg die Verantwortung übernahm. Indem nun nach den neuen Regelung Käufer mit späterem Zulassungsdatum bevorzugt werden sollten, wäre die Prämie womöglich hunderttausenden anderen Autokäufern verwehrt worden, die bereits Kaufverträge abgeschlossen hatten und nach der alten Regelung mit einer Förderung rechnen konnten. Die Bundesregierung sah sich nun in der Pflicht, der erwarteten Verärgerung dieser Wähler vorzubeugen und hat eine massive Erweiterung der Zahl der geförderten Autos beschlossen.

    Dazu kam noch tagelanges Chaos bei einer für die Beantragung dieser Prämie eingerichteten Webseite.

    .

    2. Die Prämienhöhe von 2.500 Euro war im Vergleich zum durchschnittlichen Preis der unverkauften Autos vielleicht angemessen gewesen. Das galt für das ursprüngliche Bewilligungsverfahren. Nachdem die in den Autohäusern vorhandenen Kleinwagen nach Ankündigung der Prämie schnell ausverkauft waren, hatte sich die Nachfrage schon in Richtung der Mittelklasse verschoben, wo der Einbruch bei den Firmenwagen besonders gravierend war.

    Mit der durch Guttenberg veranlassten Einführung großzügiger Zulassungsfristen führte die Prämie jedoch vermehrt zum Kauf von Kleinwagen. Dort ergab beispielsweise bei einem Kaufpreis von 7.500 Euro für einen Fiat Panda die Prämie ein Drittel des Kaufpreises ergab bzw. auf den vom Käufer bezahlten Preis von 5.000 Euro wurde die Hälfte draufgelegt. Infolgedessen kam es zu einem künstlichen Boom bei den (ausländischen) Kleinwagenherstellern, während die (inländischen ) Hersteller von Mittelklassewagen eher dadurch benachteiligt wurden, dass potentielle Gebrauchtwagenkäufer stattdessen neue Kleinwagen anschafften. Außerdem wurde das ganze Programm für den Steuerzahler wesentlich teurer - ein weiterer Beitrag zur heutigen Verschuldungskrise.

    .

    Die wesentlichen Fehler als Politiker sind jedoch gegenüber Kleinigkeiten (wer hat wann von Ungereimtheiten auf der Gorch Fock erfahren und berichtet?) in Vergessenheit geraten.

  • MF
    Matthias Freiburghaus

    weitgehende Zustimmung zu Ihrem Komentar- bis auf die Ueberschrift und den letzten Satz. Zu Guttenberg wird schnell in Vergessenheit geraten, und es wird für ihn kein politisches Comeback geben. Die Sehnsucht nach Charisma konnte ihn nicht im Amt halten, und sie wird nicht ausreichen, ihm den Weg zurück in die Politik zu ebnen. Fern von Aemtern und ohne mediale Dauerpräsenz wird sein Stern rasch verblassen, das war schon in den vergangen Wochen sehr gut zu beobachten. Und gegen den Widerstand der gesellschaftlichen Schicht, mit der er es sich unwiederbringlich verdorben hat, wird er nie wieder eine wichtige Rolle in der Politik spielen.

  • S
    Schulz

    Wer hat Guttenberg die Normen oder Voraussetzungen

    bzw Formate und Bandbreiten der eigenen Deutung / Inhaltsdefinitionen usw... uebergeben, gelehrt,

    welche Berater muessen sich verantworten?

    Bisher liest es sich wie ein Einpersonenkonflikt.

     

    Gab es zB in der DDR Leute, die mit Inhalten aus der BRD Doktoren wurden, evtl auch im Verteidigungsbereich oder aehnliches Militaer?

    Gibt es Vorlagen zum bisherigen Verlauf?

    Uebersiedlungen, Karrieren, Geheimdienste... ?

     

    Wenn ich zB hier irgendeinen der vielen moeglichen Wortlaute der Heiligen Schriften anwenden wuerde

    oder es einfach neu formulieren, was einfacher ist,

    wuerde das auch keine Nachteile fuer mich haben.

     

    Und falls ich mich als Verteidigungsminister oder als Putzfrau im selben Trakt bewerben wuerde,

    waere das bedeutend schwieriger, weil ich eher

    Zivildienstleistende seit einigen ... und unendlichen Schleifen bin.

     

    Davon abgesehen braucht Deutschland keine eigenen Streitkraefte, aber Europa?

    Oder soll das alles die Polizei?

    Formulierungen sind ja echt egal.

     

    Eine Bewaffnung aller Einwohner, bis diese endlich Frieden ohne Waffen finden, machen?

    Ja, auch das waere moeglich.

    Allerdings gibts dann mehr Amok und weniger ...

    Vernunft.

    Jeder geht wildern.

  • FV
    Feldwebel von Schlechtenberg

    Man kann "so einen", wie den Guttenberg, auch wieder herbei schreiben. Wie es sich offenbar der taz-Kommentator wünscht.

     

    Dafür zahl ich nicht.