Kommentar Große Koalition in Meseberg: Was macht eigentlich Merkel?
Seit die Große Koalition an der Macht ist, scheint die SPD die Themen zu setzen. Doch Merkel zu unterschätzen ist keine gute Idee.
B islang scheint in Deutschland eine SPD-geführte Bundesregierung am Werk zu sein. Arbeitsministerin Andrea Nahles realisiert im Sauseschritt die Rentenreform, die Mütter und Blue-collar-Arbeiternehmer besserstellt. Sigmar Gabriel wird seit dem SPD-Mitgliederentscheid nicht nur allseits als Großstratege bewundert – er treibt auch in Siebenmeilenstiefeln die Energiewende voran.
Gabriel will die seit dem schwarz-gelben Zickzackkurs in Sachen Atomenergie etwas chaotische Energiepolitik ordnen und den Umstieg auf Erneuerbare industriekompatibel und preisgünstig für die Normalverbraucher über die Bühne bekommen. Ein historisches Projekt. Und das nächste Thema, das das Profil dieser Regierung prägen wird, ist auch sozialdemokratisch durchgefärbt: der Mindestlohn. Was macht eigentlich Angela Merkel, CDU, so?
Bei der Klausur in Meseberg hat die Kanzlerin zur Sicherheit betont, dass die Energiewende ein Vorhaben der gesamten Regierung und nicht das Privathobby des Vizekanzlers ist. Das wurde offenbar für nötig gehalten. Also Merkel als Machtfassade, die SPD als Taktgeber?
Es ist etwas schwieriger. Teuer ist Nahles Rentenreform vor allem wegen der von der Union durchgeboxten Mütterrente – obwohl manche Medien den Eindruck erwecken, Nahles würde aus Rache an der Agenda 2010 die Rentenkassen plündern. Ob Gabriels Energiewende sich von Altmaiers Plänen zur Strompreisbremse wirklich unterscheidet, ist offen.
Ärger wird der Vizekanzler mit seinen Kürzungsplänen für Windkraft eher mit den Grünen und den SPD-Ministerpräsidenten bekommen. Es kann also passieren, dass SPD-MinisterInnen in der Öffentlichkeit für Unionspolitik verprügelt werden.
Merkel zu unterschätzen hat sich noch nie so richtig ausgezahlt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker