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Kommentar Griechische KriseUnd ewig klagt der Deutsche

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Jammern lohnt sich: Jetzt beteiligen sich alle an der Rettungsaktion für Griechenland. Und am Ende werden erneut vor allem die ökonomischen Interessen Deutschlands bedient.

J ammern lohnt sich. Das zeigt sich nirgends besser als bei den Deutschen. Jetzt wird auf jedem Parteitag geklagt, wie ungerecht es sei, dass die soliden Bundesbürger die überschuldeten Griechen retten müssten, nur weil man gemeinsam im Euro steckt. Dieses deutsche Selbstmitleid erinnert an eine andere Etappe der europäischen Selbstfindung: Nirgends war die Osterweiterung so unpopulär wie in der Bundesrepublik. Auch damals meinte man, nur Geld zu verlieren.

Es kam bekanntlich anders: Ganz Europa zahlte für die Osterweiterung - und vor allem die Deutschen profitierten. Billig konnten sie ihren geschützten Exportmarkt bis an die Grenzen Russlands ausdehnen. Mit den Hilfen für Griechenland wird es ähnlich kommen. Alle beteiligen sich an der Rettungsaktion - und erneut werden vor allem die wirtschaftlichen Interessen Deutschlands bedient.

Das beginnt schon damit, dass die beiden Pleitebanken Hypo Real Estate und Commerzbank zu den großen Gläubigern des griechischen Staates gehören. Sie wären sofort insolvent, wenn Athen den Bankrott anmelden würde - und müssten erneut mit deutschen Steuergeldern versorgt werden. Da ist es schon besser, wenn alle Eurostaaten und der IWF die Rettung Griechenlands organisieren.

Bild: taz

Ulrike Herrmann ist wirtschaftspolitische Korrespondentin der taz.

Vor allem aber ist Griechenland nur der Vorposten. Würde es in die Pleite geschickt, müssten wohl als Nächstes auch Portugal und Spanien ihren Staatsbankrott anmelden - bevor dann noch weitere Kandidaten folgen. Letztlich würde dies bedeuten: In einem großen Crash würden die Bilanzen zwischen allen Staaten wieder auf null gesetzt. All die schönen Exportüberschüsse, die Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten aufgehäuft hat - sie wären weg. Jeder einzelne Sparer würde diese gigantische Geldvernichtung zu spüren bekommen.

Das gekonnte Jammern hat sich gelohnt: Alle zahlen, damit die Deutschen ihren Reichtum behalten. Billiger geht es nun wirklich nicht.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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6 Kommentare

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  • AM
    Andreas Müller

    Der Kommentar von Frau Herrmann gehört in die Rubrik "Von nichts eine Ahnung, aber zu allem eine Meinung"

    Anstatt einzugestehen, das nach gut zehn Jahren dieses gefährliche Wirtschaftsexperiment misslungen ist, wird versucht, vom eigentlichen Problem abzulenken. Die sich abzeichnende Auflösung der Einheitswährung und die anschließende Renationalisierung der Währungssysteme wird nicht nur mit einer extremen Wärungsreform einhergehen! Auch der weiteren Entwicklung der europäischen Zusammenarbeit wird immenser Schaden zugefügt. Der europäische Binnenmarkt wird nachhaltig beschädigt sein. Das Thema ist viel zu ernst, als das Frau H. so tut, als könne sie nicht verstehen, "warum die beraubte Rentnerin jammert, anstatt sich mit dem Räuber über dessen plötzlichen Reichtum zu freuen"

    Auch Jugoslawien zerfiel übrigens nicht wegen vordergründiger religiöser Differenzen, sondern weil sich bestimmte Mitgliedsstaaten durch andere ausgebeutet fühlten!

  • I
    IDenkSchlächter

    Leider war es so, daß die „Elite“ Griechenlands mit Lug und Trug die Eurozone und mehr erschwindelt hat. So ist das nun einmal. Dem Harz IV-er schaut man in die hinterste Ritze, wenn aber um „richtiges“ Geld geht, ist alles im Tiefschlaf. Auch die sonst so „dienstbeflissene“ EU. Was jetzt als „kleines Almosen“ zur Rettung Griechenlands erscheint, ist nicht einmal die Spitze des griechischen Eisberges. Es wird dicker kommen. Ein Zögern, Nachdenken und Sichern ist mehr als gerechtfertigt.

    Die Frage sei aber erlaubt, wo dieses Nachdenken bei der Bankenkrise war und ist, in der ebenfalls „Eliten“ – diesmal mit systemfolgender Logik goutiert – weltweit Billionen verbrannt und Millionen Menschen ins Elend gestürzt haben und bislang kein Ende abzusehen ist?

  • N
    Nick

    Von Kohl bis U. Herrmann: Meta-Jammern-- das Bejammern des Jammerns, vielmehr einer vermeintlich wahrgenommenen Jammerkultur-- erlebt gerade mal wieder eine neue Blüte und ist doch nichts anders als der Versuch die von der eigenen Meinung abweichenden Ansichten zu entwerten indem man ihre Verfechter als Jammerlappen karikiert.

  • RA
    Raus aus EU u Euro

    Man hätte auch schon die HRE pleite gehen lassen sollen. Dann hätten die anderen Banken gewusst, dass sie nicht auf Sanierung durch den Steuerzhler rechnen können. Der Staat hätte nur die Spareinlagen garantieren sollen. Die Banken spekulieren heute genauso munter weiter, wie vor der Krise. Daran hat sich nichts geändert. Selbst die staatseigene griechische Postbank hat auf die Pleite GR's spekuliert und dabei 350 Mio gemacht. Und für so ein Land sollen wir deutschen Steuerzahler bürgen????

     

    Was ist das für ein kaputtes System, in welchem regelmäßig die Gewinne privatisiert und die Verluste sozialisiert werden?

     

    Jedes ander Unternehmen muß Insolvenz anmelden, wenn er nicht mehr genug Kapital hat. Nur die Banken und die Großfirmen bekommen bei uns ständig eine Garantie, Bürgschaft und/oder unser Steuergeld.

    Dabei lebt D von den mittelständischen Betrieben!

     

    Es zeigt sich doch deutlich, dass die Prof. Hankel und Co Recht behalten haben. Außerdem ist GR kein Einzelfall - wer will denn hier noch auf einen positiven Ausgang hoffen?

     

    Der Euro sollte so stabil sein wie die DM - in ganzseitigen Anzeigen hat man versucht, dies der Bevölkerung zu verkaufen. Wo sind denn jetzt die Stabilitätkriterien? Die Skepsis der einfachen Menschen war und ist berechtigt. Vor dem Euro konnte eine Familie mit 3000,- DM netto gut leben, heute, mit 1500,- Euro hat sie Anspruch auf Aufstockung durch H4. Aber Inflation haben wir angeblich so gut wie nicht gehabt!

     

    Jetzt sprechen die Politiker auf einmal von einer Schicksalsgemeinschaft und wollen die politische Union. Das ist ein kollektives Versagen der deutschen Politik!

     

    Griechenland wird sich als Faß ohne Boden ausweisen. Spätestens wenn Spanien fällt, ist dieses Spiel vorbei.

    Man zögert den Zusammenbruch des Euro und der EU nur hinaus. Damit ist aber nicht viel gewonnen. Die nächste Bankenkrise steht bedingt durch die Gewerbeimmobilien in den USA schon ins Haus. Darin sind deutsche Banken ebenfalls beteiligt.

    Die HRE hängt mit 8 Mrd in GR, die Allianz mit 0,9 Mrd, die Münchner Rück mit 1,5 Mrd und die Postbank mit 1,3 Mrd. Wer spekuliert um viel zu gewinnen, weiss, das es auch schiefgehen kann. Wer auf Pump Aktien kauft, ist auch schnell pleite. Dem hilft dann auch niemand mehr.

     

    Wie lange sollen wir noch alle retten müssen?

     

    Der uns durch Mitterand aufgedrängt Euro und die EU werden als der größte Fehler der Geschichte in die Historie eingehen!

  • AG
    A. Grech

    Hm, den Deutschen die Griechenland-Hilfe als gutes Geschäft einzureden scheint mir wenig erfolgversprechend. Dafür ist es wohl ein bisschen zu grober Unfug.

  • NN
    Nicolas Neuss

    Was heißt hier "Billiger geht es nun wirklich nicht!"? Glauben Sie denn tatsächlich, dass diese Summe (8 Milliarden in Deutschland = immerhin 100 Euro pro Kopf der Bevölkerung) zurückgezahlt wird? Und dass damit bereits alle Probleme der Währungsunion gelöst sind?

     

    Und was, wenn wir Deutschen es gar nicht möglichst billig, sondern einfach nur klare Luft haben wollen - und kein andauerndes Lügen unserer Regierung, dass dieses Schuldenmachen garantiert das letzte sein wird.

     

    Ich würde lieber direkt an unsere Banken zahlen (natürlich nur im Austausch gegen Vorzugsaktien der jeweiligen Bank, welche man hoffentlich später wieder versilbern kann), als dass ich Ihnen mit Umweg über Griechenland das Geld hinten reinstecke.