Milliardenhilfe für Hellas: Die Griechen am Tropf
Finanzminister Schäuble will mit den Fraktionen über Griechenlandhilfe beraten. Er fordert "harte Sanierung". Griechen könnten 150 Milliarden brauchen.
Die Hilfe für Griechenland wird konkret: Schon am Montag will Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit den Bundestagsfraktionen über ein Gesetz beraten, das Kreditgarantien in Höhe von 8,4 Milliarden Euro ermöglicht.
Die Eile wird nötig, weil Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou am Freitag die EU-Staaten und den Internationalen Währungsfonds (IWF) offiziell um Hilfe gebeten hat. Er nahm damit ein Angebot an, auf das sich IWF und Euroländer bereits Ende März geeinigt hatten: Gemeinsam wollen sie bis zu 45 Milliarden Euro aufbringen - wovon Deutschland aufgrund seiner Wirtschaftskraft 8,4 Milliarden stellen müsste.
Die deutschen Kredite würden von der öffentlichen Förderbank KfW kommen, die sich dann wiederum gegen einen Staatsbankrott Griechenlands absichern kann, indem sie Garantien vom Bund erhält. Über die gesetzliche Grundlage dieser Konstruktion will Schäuble nun mit dem Bundestag verhandeln.
Zunächst wäre also kein Steuergeld nötig: Die KfW würde sich das Geld für ihre Griechenlandkredite auf dem Kapitalmarkt besorgen - und dafür rund 3 Prozent Zinsen zahlen, wie sie für Deutschland als dem Schuldner üblich sind. Von den Griechen hingegen würde die KfW einen Zinssatz von 5 Prozent verlangen. Auf diesen Satz haben sich die Euroländer Ende März geeinigt.
Zunächst würde Deutschland also einen Gewinn mit seinen Griechenlandhilfen einfahren. Hilfen für Griechenland sind in Deutschland jedoch unpopulär. Kurz vor den Wahlen in Nordrhein-Westfalen bemüht sich Schäuble daher, die Kreditverhandlungen als unverbindlich darzustellen. Man habe noch keine Entscheidung getroffen. "Sie kann positiv wie negativ ausfallen", erklärte der Finanzminister. Ähnlich äußerte sich Außenminister Guido Westerwelle auf dem FDP-Parteitag an diesem Wochenende: "Wir wollen keine Transferunion zu Lasten unseres Landes."
Allerdings verhinderte er einen Antrag, der gefordert hatte, Defizitsünder aus dem Euro auszuschließen.
Noch ist unklar, wie hart Griechenland sparen muss, um die Hilfen zu erhalten. Schäuble verlangt "harte Sanierungsschritte", während sich IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn überraschend moderat gab. "Die griechische Öffentlichkeit muss den IWF nicht fürchten", sagte er am Samstag in Washington. "Wir versuchen zu helfen."
Die Verhandlungen zwischen IWF, EU und Griechenland über die genauen Konditionen für den Kredit sind noch nicht abgeschlossen. Aber Strauss-Kahn versuchte die Griechen zu beruhigen: "Jedes Programm muss sich nach den jeweiligen besonderen Umständen des betroffenen Landes richten."
EU und IWF wollen die Verhandlungen offenbar rasch beenden. EU-Finanzkommissar Olli Rehn betonte, er rechne mit einem Hilfspaket bis zum Ende der Woche. In jedem Fall muss das Rettungspaket bis Mitte Mai stehen - wenn Griechenland Staatsanleihen in Milliardenhöhe umschulden muss. Auf den Kapitalmärkten kann sich Griechenland nicht mehr refinanzieren, denn die Zinsen für griechische Staatsanleihen erreichen zum Teil knapp 10 Prozent. Besonders alarmierend: Inzwischen liegen die Zinsen für kurz laufende Papiere sogar höher als für die zehnjährigen Anleihen, was bedeutet, dass die Anleger mit einem baldigen Staatsbankrott Griechenlands rechnen, wenn es nicht zu einer definitiven Hilfszusage von IWF und EU kommt.
Während noch über das erste Rettungspaket von 45 Milliarden Euro verhandelt wird, wachsen bereits die Zweifel, ob dieses Volumen überhaupt ausreicht. So rechnet Bundesbankpräsident Axel Weber offenbar damit, dass Griechenland bis zu 80 Milliarden Euro benötigen könnte. Andere Ökonomen halten auch eine Gesamtsumme von 150 Milliarden für möglich.
Denn die Griechen müssen bis 2012 noch Anleihen in Höhe von 86 Milliarden Euro umschulden - hinzu kommen die Haushaltsdefizite, die sich bis 2012 auf weitere 40 Milliarden belaufen könnten. Zwar sparen die Griechen inzwischen, doch gleichzeitig bricht die Konjunktur ein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt