Kommentar Griechenland: Schulden zu verkaufen
Die Griechen würden ein Supergeschäft machen, wenn sie ihre Staatsanleihen zum Billigkurs zurückkauften. Der Gedankenfehler: Dann würde der Kurs wieder steigen.
E ntschieden wurde, dass vorerst nichts entschieden wird. So könnte es jedenfalls scheinen. Die Euro-Finanzminister gaben am Samstagabend nur eine kurze Erklärung heraus. Tenor: Über ein zweites Rettungspaket für Griechenland und die Banken-Beteiligung wird weiter verhandelt. Doch ein Satz war bemerkenswert. Explizit erwähnen die Euro-Finanzminister die Stellungnahme des internationalen Bankenverbandes IIF. Dort wiederum wird gefordert, auch über einen "Schuldenrückkauf" nachzudenken.
Es ist also nicht ausgeschlossen, dass der Schuldenrückkauf bald wieder durch die Griechenland-Debatte geistert. Zunächst wirkt die Idee bestechend: Momentan notieren die griechischen Staatsanleihen - je nach Laufzeit - nur noch bei etwa 50 Prozent ihres Nominalwertes, weil die Investoren eine Pleite fürchten. Also würden die Griechen doch ein Supergeschäft machen, wenn sie ihre eigenen Staatsanleihen zu diesem Billigkurs zurückkauften! Sie könnten ihre Schuldenlast glatt halbieren, wenn die EU Kredite für diese Transaktion gewährte.
Die Idee wirkt so genial, dass die IIF-Banken natürlich nicht die Ersten sind, die diesen Einfall haben. Schon im Januar wurde ein Schuldenrückkauf eifrig diskutiert. Damals fiel aber auch der kleine Gedankenfehler auf: Sobald die Griechen anfingen, ihre Staatsanleihen zurückzukaufen, würden deren Kurse wieder steigen. Am Ende hätten weder Griechenland noch die Steuerzahler gespart. Profitiert hätten nur die Banken, die ihre Staatsanleihen vorzeitig losgeworden wären.
ULRIKE HERRMANN ist Wirtschaftskorrespondentin der taz.
Wieder zeigt sich: Eine "freiwillige" Umschuldung gibt es nicht. Denn freiwillig beteiligen sich die Banken an der Rettung Griechenlands nur, wenn für sie ein Gewinn herausspringt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe