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Kommentar Griechenland-HilfeImmer neue Geschenke

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Die verhasste Transferunion gibt es längst. Griechenland wird mit Milliarden "gerettet", die es nie mehr zurückzahlen kann. Dabei rückt der Staatsbankrott wird immer näher.

E s ist das große Tabuwort: Transferunion. Es ist so unappetitlich wie ein Hühnerauge am Fuß. Bloß keine Transferunion! Täglich gibt es mindestens ein Dementi, das versichert, dass Griechenland oder Irland nicht dauerhaft mit EU-Geldern rechnen könnten.

Nur: Diese verhasste Transferunion gibt es längst. Nächste Woche werden die Euroländer weitere Kredite beschließen, um die Griechen vor dem Staatsbankrott zu bewahren. Bis zu 170 Milliarden Euro könnten es dann sein, die die Griechen insgesamt erhalten haben. Niemand rechnet damit, dass diese Summe jemals zurückgezahlt wird. Es ist ein Geschenk, dem weitere Geschenke folgen werden - an die Iren, an die Portugiesen und dann wieder an die Griechen.

Europa ist eine gelebte Transferunion, weil sie von den Fakten erzwungen wird. Jeder neue EU-Gipfel fördert die immer gleiche Erkenntnis zu Tage: Ein langes Leiden in Griechenland oder Irland würde eben nicht nur die dortigen Einwohner treffen. Die Schäden in Deutschland und Frankreich könnten ebenfalls enorm sein, wenn man Griechen und Iren in den Staatsbankrott zwingt. Dabei ist es übrigens fast egal, wie dieser Staatsbankrott technisch organisiert wird: ob umgeschuldet wird, Drachme und Pfund wieder eingeführt werden oder die Länder sich in die Rezession sparen müssen.

Bild: taz

Ulrike Herrmann ist wirtschaftspolitische Korrespondentin der taz.

Allerdings ist diese Erkenntnis so abstrakt, dass sie jenseits der EU-Diplomatie kaum zu vermitteln ist. Unter den Wählern bilden sich seltsame Allianzen: Viele Griechen hätten nichts dagegen, den Euro zu verlassen - und viele Deutsche würden sie gern ziehen lassen. Je länger also der Staatsbankrott vermieden wird, desto wahrscheinlicher wird er. Weil die Bürger es so wollen und nicht besser verstehen.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

3 Kommentare

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  • H
    Hasso

    Ein Europa von "Traumtänzern" geschaffen, die sich auf Kosten der Bevölkerung bereichern.Eine einfache "Milchmädchen-Rechnung" hätte genügt, um zu Wissen, was bei diesem "Glücksspiel" herauskommt.-Gebt uns den kalten Krieg zurück und schiebt den Raubtier-Kapitalismus ins Arschloch der Vergessenheit.

  • CA
    C. Antonius

    Man muss bei diesem Thema leider immer vorausschicken, dass nur eine verschwindend kleine Minderheit überhaupt Finanzpolitik versteht; ich lese seit 30 Jahren die Wirtschaftsseiten in drei Sprachen und habe immer noch gewisse Schwierigkeiten damit.

    Aber eine Sache steht doch fest, und die muss immer wieder herausgekehrt werden: Wenn es nicht zu einem Schuldenschnitt/haircut kommt (wie von Ken Rogoff befürwortet - ich empfehle seine Analyse), egal, unter welcher Währung, werden immer diejenigen für die Krise bezahlen, die sie nicht verursacht haben. Jene Griechen, die sich gerade heute dem Generalstreik angeschlossen haben.

    Leute, denen 30% Lohnkürzungen zugemutet werden, die in überteuerten Wohnungen leben und kaum Luft zum atmen haben.

    Die Risiken, da haben Sie Recht, sind tatsächlich sehr groß. Aber das Verlangen nach Gerechtigkeit ist hoffentlich noch größer.

     

    Schon Bofinger hat festgestellt, dass der Euro, der mal bei 70 Cents zum Dollar stand, diese Krise aushalten kann - dann wäre zumindest die Währung kein Grund, den haircut zu verzögern.

     

    Zur Zeit triumphiert die Improvisation. Das andere Extrem zum Schuldenschnitt - Eurofonds a la Juncker, solidarisch konzipiert, keine bloßen ad-hoc Maßnahmen - war immer noch besser als ständig den Herabstufungen der Rating Agenturen hinterherzurennen.

  • H
    hto

    Im "Kalten Krieg" hat der Frontstaat Deutschland, für "Wirtschaftswunder" und "soziale Errungenschaften", die "Geschenke" bekommen die die anderen um uns herum auch gerne bekommen hätten - wenn wir wollen, daß die Griechen nicht zu uns "überlaufen", dann ...!?