Kommentar Gottschalks Schleichwerbung: Wetten, dass die Kasse klingelt
Bei den Öffentlich-Rechtlichen funktioniert die Aufsicht einfach nicht? Der Schleichwerbe-Skandal um die Gottschalks beweist es.
E igentlich müsste das ZDF gerade an einer ganz anderen Front kämpfen. Die neue Haushaltsabgabe ist unter Beschuss, der Rundfunkbeitrag gilt manchen als Zwangsgebühr. Angesichts dessen ist ein neuerlicher Schleichwerbe-Skandal das schlimmstmögliche PR-Desaster für den Mainzer Sender.
Wie soll glaubhaft eine Rundfunkabgabe propagiert werden, wenn bekannt wird, dass das ZDF und die Gottschalk-Brüder Thomas und Christoph für die Platzierung von Autos bei „Wetten, dass..?“ ordentlich abkassiert haben sollen? Die Autobauer durften laut Spiegel sogar entscheiden, wie ein Wagen anmoderiert wird und wie lange er zu sehen ist. Mit der „Unabhängigkeit der Programmgestaltung“, die die ZDF-Richtlinien für Werbung und Sponsoring vorsehen, hat das nichts zu tun.
Auch wenn die Vorgänge, die der Spiegel enthüllt hat, teilweise lange zurückliegen, zeigt sich bei ihnen ein immer wiederkehrendes Muster. Die Aufsicht funktioniert bei den Öffentlich-Rechtlichen nicht: Dolce Media, die Firma von Christoph Gottschalk, konnte Verträge mit Werbekunden abschließen, die klar gegen die Werberichtlinien verstießen. Das ZDF verzichtete aber auf das Lesen der Vertragsanhänge. Beim Kinderkanal Kika konnte ein Mitarbeiter Millionen abzweigen – angeblich, ohne dass die Chefs davon etwas mitbekamen. Beim NDR vergab Doris Heinze Aufträge an sich selbst oder ihren Lebensgefährten – und niemand schritt ein.
ist Medienredakteur der taz.
Die Öffentlich-Rechtlichen sind zu einem Geflecht aus 180 Tochterfirmen und weiteren hunderten Enkeltochterfirmen mutiert, in denen sich prima Geld, Aufträge und Verantwortung hin- und herschieben lassen. Dabei sollte gerade die neue Abgabe höchste Transparenz bei den Ausgaben (auch der Töchter) voraussetzen – und kritische, von den Beitragszahlern bestellte Kontrolleure.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin