Kommentar Gewalt gegen Roma: Der Staat als schlechtes Beispiel
Im Norden von Paris wird ein junger Rom brutal misshandelt. Die französische Politik der Abschreckung trägt daran eine Mitschuld.
A lles deutet darauf hin, dass es sich bei der brutalen Aggression gegen einen jungen Rom im Norden von Paris um eine Form von Lynchjustiz handelt. Nichts kann aber eine solche beschönigend „Selbstjustiz“ genannte Gewalttat rechtfertigen. Auch wenn die neuen Nachbarn den „Ureinwohnern“ ein Dorn im Auge waren, berechtigt sie nichts dazu, auf diese Art ein Exempel zu statuieren.
In einer ersten Reaktion äußert der Bürgermeister in Pierrefitte-sur-Seine jedoch Verständnis – wenn nicht für das Vorgehen, so doch für die Motive mancher Mitbürger. Auch der zuständige Innenminister hatte es nicht sehr eilig, die Wildwestmanieren zu verurteilen.
Denn die Politik der Abschreckung gegen Einwanderer aus Rumänien und Bulgarien ist so ziemlich die einzige Strategie, welche die französischen Behörden gefunden haben, um gegen das „Roma-Problem“ vorzugehen. In diesem Sinne liefert der Staat den aufgebrachten Bürgern regelmäßig selbst ein schlechtes Beispiel mit ostentativ vor Fernsehkameras durchgeführten polizeilichen Räumungsaktionen.
Der Sinn dieser behördlichen Gewaltanwendung ist es nicht bloß, Menschen zu vertreiben, die nicht ins Bild passen, sondern abschreckend auf die einzuwirken, die noch vorhaben, nach Frankreich zu kommen.
Was aber der Staat im Namen des Gesetzes in größerem Stile tut, werden selbstgerechte Bürgerwehren rasch nachahmen. Selbsthilfegruppen von Freiwilligen, die in Quartieren patrouillieren, um der Polizei verdächtige Personen zu melden, beginnen bereits überall aus dem Boden zu schießen. Falls die Lynchjustiz von Pierrefitte-sur-Seine ungestraft bleiben sollte, wird es nicht lange bei friedlichen Rundgängen bleiben. Der Fall Darius ist leider auch in dieser Hinsicht exemplarisch.
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