piwik no script img

Kommentar Gespräche USA und IranDer Feind meines Feindes …

Kommentar von Peter Philipp

Die bisherigen Erzfeinde USA und Iran haben einen neuen gemeinsamen Gegner: Isis. Noch zögert Obama zu kooperieren, aber er sollte sich öffnen.

Die Isis-Kämpfer im Irak verändern die Perspektive – von den USA und vom Iran Bild: ap/albaraka_news

M ehr als andere Weltgegenden haben der Nahe und Mittlere Osten wiederholt demonstriert, dass auch noch so inbrünstig beschworene Völkerfreundschaft in Abwägung der eigenen Interessen ihren Wert verlieren kann. Das Gleiche gilt für die – oft nicht minder verbissen zelebrierte – Feindschaft zwischen Staaten.

In jüngster Vergangenheit war das mehr als deutlich an den unterschiedlichen Koalitionen im Umfeld der blutigen Auseinandersetzungen in Syrien zu beobachten. Nachdem diese auf den Irak übergegriffen haben, zeichnet sich eine Koalition bisheriger Todfeinde ab. Zumindest schließt der iranische Präsident Hassan Rohani eine Kooperation mit den USA bei der Niederschlagung des sunnitischen Ansturms im Irak nicht mehr aus. Einer seiner wichtigsten Berater verbreitet über Twitter, dass nur der Iran und die USA die Krise im Irak in den Griff kriegen könnten.

So überraschend solche Erklärungen aus Teheran auch sein mögen, so nüchtern und zutreffend sind sie doch auch. Der Iran hat vom Sturz Saddam Husseins durch die USA profitiert: nicht nur, weil einer seiner gefährlichsten Nachbarn verschwand, sondern auch, weil im Irak zwar keine wahre Demokratie entstand, dort aber doch wenigstens die schiitische Mehrheit an die Macht kam. Zu deren Führern – auch zu Ministerpräsident Nuri al-Maliki – gibt es alte und sehr enge Beziehungen, und die Veränderungen im Zweistromland versprachen eine friedliche Zukunft für das Zusammenleben beider so lange verfeindeter Staaten.

Der Vormarsch des „Islamischen Staates in Irak und Syrien“ (Isis) droht genau diese Perspektive zu gefährden. Das allein reicht freilich nicht, um in Teheran plötzlich – wie am Beispiel des Beraters von Rohani zu sehen – von einem gemeinsamen Vorgehen mit den USA zu fabulieren. Solche Andeutungen und Erklärungen passen aber gut zur Strategie des Präsidenten, um die Differenzen mit dem Westen zu überbrücken. Und eine Annäherung in der Irakkrise würde sicher auch Washingtons Vertrauen in den Iran stärken und damit den Fortgang der Atomverhandlungen unterstützen.

US-Präsident Barack Obama zögert noch. Offene Kooperation mit Teheran wäre sicher ein innenpolitisches Risiko für ihn. Aber das gilt ebenso für Rohani: So hatte der Iran einst in Afghanistan dieselben Interessen wie die USA. Washington nutzte dies jedoch nicht aus, und die Hardliner auf beiden Seiten behielten die Oberhand.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!