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Kommentar Gesetz gegen SteueroasenWeich gekocht

Kommentar von Nicola Liebert

Die laut Entwurf von den Steueroasen geforderten Abkommen über eine Auskunftserteilung in Steuersachen sind ein Witz.

Lange hat die Union einen Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung stur abgeblockt. In Steueroasen aktive Unternehmen - die gewiss niemals auf die Idee kämen, die dortigen Ministeuersätze auszunutzen - würden dadurch unter Generalverdacht gestellt, hieß es. Ganz schlimm erschien der CDU auch, dass Bezieher von bescheidenen Jahreseinkommen ab einer halben Million Euro selbst ohne Anlass mit Steuerprüfungen rechnen müssen. Das absurdeste Argument dagegen lautete: Dies sei ein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot im Grundgesetz. Demnach ist es sicher auch verfassungswidrig, dass Autofahrer häufiger in Geschwindigkeitskontrollen geraten als Fußgänger.

Jetzt will die Union dem Entwurf doch zustimmen. Aber erst, nachdem sie das ohnehin softe Gesetz noch weicher gekocht hat - so weich, dass es bei näherem Hinsehen zu zerfallen droht. Dabei sind die laut Entwurf von den Steueroasen geforderten Abkommen über eine Auskunftserteilung in Steuersachen ohnehin ein Witz. Die Steuerbehörden müssen bereits wissen, wer in welcher Steueroase bei welcher Bank sein Geld geparkt hat, um eine Anfrage starten zu können. Sie müssen also vor der Frage schon die Antwort kennen. Solche nichtssagenden Abkommen zu unterschreiben, dürfte keiner Steueroase schwer fallen. Dank Union erhalten sie dafür auch noch ein halbes Jahr Schonfrist. Die Kalkulation scheint zu sein, dass bis dahin alle Steueroasen unterschreiben, so dass die angedrohten Rechtsverordnungen überflüssig werden.

Welch Zufall: In einem halben Jahr ist die Bundestagswahl gelaufen. Allein das zeigt schon, warum die Union jetzt plötzlich zu einem Kompromiss bereit ist. Sie will einfach nur verhindern, von der SPD im Wahlkampf als das geoutet zu werden, was sie ist: die beste Freundin der Unternehmer und Spitzenverdiener und - weil sie das nicht zu trennen vermag - mithin auch der Steuerhinterzieher.

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2 Kommentare

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  • LP
    Ludwig Paul Häußner

    Antiquiertes Steuersystem!

     

    Seit Columbus wird die Welt zunehmend als ein Wirtschaftsgebiet bewusst. Leider wird aber der Großteil der Steuern noch immer mit antiquierten Verfahren erhoben bzw. eingezogen: in Form von Einkommens- und Ertragssteuern. Die globale Wirtschaftsweise erfordert zuerst ein Umdenken und dann ein Umsteuern: von der Einkommens- und Ertragsbesteuerung hins zur Ausgaben- bzw. Konsumsteuer (z. B. in Form der Mehrwertsteuer). Die Einkommen aus Erwerbsarbeit oder aus sonstigen Quellen werden auch hier besteuert, aber erst dann, wenn die Einkommen ausgegeben werden. Da jeder Mensch konsumieren muss, egal wo auf der Welt, zahlt er dort seine Steuern in Form einer Mehrwertsteuer bzw. anderer Verbrauchssteuern. Durch ein schrittweises Umsteuern auf ein System der Ausgabensteuer wird Steuerflucht s y s t e m i s c h praktisch unmöglich. Daher sollten alle EU-Staaten die MwSt schrittweise auf den derzeitigen EU-Höchstsatz (25%) anheben und im Gegenzug einen MwSt-Freibetrag in Form eines MwSt- Bonuses pro BürgerIn auszahlen oder/und die bisherigen, im Zeitalter der Goblalisierung antiquierten, Einkommens- und Ertragssteuern senken.

     

    Also global produzieren und lokal den Konsum besteuern.

     

    Ludwig Paul Häußner,

    Universität Karlsruhe (TH) - IEP

  • S
    saalbert

    Es scheint auch in der taz die nicht aus dem Dutschke-Haus zu schaffende Überzeugung zu geben, dass es keine zusammengesetzten Wörter mehr gibt. Ich schlage vor, das mal zu sprechen: "weich kochen". Da kocht jemand weich. Aber: "weichkochen" (So möchte es der Duden) bedeutet, das jemand weichgekocht wird. Dies gilt in derselben Weise zum Beispiel für "schön rechnen" und "schönrechnen". Wäre doch schön, in der taz die Worte mit ihrem Sinn lesen zu dürfen.