piwik no script img

Kommentar Gerhard Schröder & SotschiEin wahrer Kenner Russlands

Kommentar von Barbara Oertel

Alt-Bundeskanzler Schröder findet die mediale Kritik an den Winterspielen zu einseitig. Prima, dass zumindest er weiß, wo Hammer und Sichel hängen.

Gute Freunde: Gerhard Schröder (links) und Wladimir Putin. Bild: dpa

D ie Einlassungen von Gerhard Schröder am Samstag im Deutschen Haus in Krasnaja Poljana dürften Russlands Präsident Wladimir Putin gefallen haben. Die Berichterstattung deutscher Medien über Olympia in Sotschi sei eine Katastrophe, ließ der Alt-Bundeskanzler wissen.

Da tobten sich Leute aus, ohne irgendeine Beziehung zu dem zu haben, was in Sotschi passiere und ohne Rücksicht auf die Emotionen der SportlerInnen zu nehmen. Na bitte, endlich mal klare Worte von einem, der weiß wo Hammer und Sichel hängen und der eine ganz besondere Beziehung zu Russland hat – ein wahrer Kenner eben.

Dass sich ausgerechnet Schröder zu derartigen anbiederischen Lobhudeleien versteigt, die auch anderen führenden SPD-Kadern nicht fremd sind, überrscht nicht. Bereits zu seiner aktiven Zeit als Kanzler scherte sich Schröder einen Dreck um die massiven Menschenrechtsverletzungen in der gelenkten Demokratie des Wladimir Putin.

Ein bißchen Krieg in Tschetschenien – was solls. Hatz auf Oppositionelle, kritische Journalisten, Minderheiten jedweder Couleur, ja über überhaupt auf alles, was von der Norm des Kreml abweicht – geschenkt. Ein bißchen Schwund ist immer.

Warm und gemütlich

Anstatt klare Worte an Putin zu richten, hofierte Schröder lieber den lupenreinen Demokraten und kroch dahin, wo es warm und gemütlich ist. Das tut Schröder, der ein komodes und gut dotiertes Pöstchen bei der Gazprom-Tochter Nord Stream AG bekleidet, bis heute. Warum auch nicht?

Die Repressionen gegen Andersdenkende nehmen stetig zu, die Diskriminierung Homosexueller ist mittlerweile in Gesetzesform gegossen und endet bisweilen tödlich. Im Zuge der Vorbereitung von Olympia wurden Menschen vertrieben und Raubbau an der Natur betrieben. Aber das soll doch die Freude an den Spielen nicht schmälern! Deshalb täten die Medien besser daran zu schweigen, findet Schröder. Unerträglich!

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Ressortleiterin Ausland
Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.
Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • A
    Ana

    Er weiß also wo "Hammer und Sichel" hängen? Wiedermal eine völlig aus dem Zusammenhang gerissene und unpassende Wortwahl. Das heutige Russland hat mit "Hammer und Sichel", den Symbolen des Sowjet-Kommunismus so rein gar nichts zu tun. Vor allem hat es rein gar nichts mit Putins Politik zu tun. Weiter so, TAZ^^ Wenn schon Mainstream-Berichterstattung, doch dann wenigstens intelligenter.

  • AC
    aislon chapter

    Auf der ganzen Welt geschehen aktuell Völkermorde. Ich habe mir aufgrund eines Beitrags Ihrerseits mal Ihre Geschichte durchgelesen und finde die Vorwürfe durchaus nachvollziehbar. Ich kann mir aber auch gut vorstellen, dass es wichtigere Dinge gibt, als eine Arbeit über ein Thema zu hypen, das abgesehen von einer dort aktuell stattfindenden Trollparty der Konzerne, wohl viele Millionen Tote später einfach nicht mehr auf die vorderen Ränge der Völkermordkritik gehört, wenn auch nicht davon gestrichen. Aber Waffenhandel und deutsche Beteiligung an momentan stattfindenden Völkermorden zu analysieren und Lösungen für dieses Problem zu suchen ist ja nicht ihr Ziel. Damit unterstützen Sie indirekt ihre Berufsklientel, die dann auch in 150 Jahren noch Arbeit hat, wenn sie die Völkermorde von 2014 aufklärt. Der Tenor Ihrer Beiträge klingt eher wie ein subtiles "Putin ist kriminell, die Linke ignoriert Völkermord usw", das hört sich sehr nach Konrad Adenauer Stiftung an, grüßen Sie Herrn Klitschko von mir...

    • @aislon chapter:

      Gut, daß Sie wissen, was mein Ziel ist und was nicht. Woher eigentlich?

  • HW
    Helmut Wolff

    Wenn Schröder zurecht die Kalter-Kriegs-Rhetorik der "unabhängigen" Medien kritisiert, ist das von einer "anbiederischen Lobhudelei" weit entfernt. Aber mittlerweile seid ihr ja unfähig, ohne Schaum vor dem Mund über Russland zu berichten.

    Ein Gutes haben solche Kommentare aber: ich weiss, warum ich nicht für die taz zahle.

  • S
    s3basti8n

    Olypia ist so schlimm das die USA Kriesschiffe schickten.

    Der Russe ist ja auch total gefählich.

    Was nettes über Russland sagen ist Lobhudelei?

    echt?

  • 6
    6229962

    Da muss ich dem Herrn Schröder zustimmen. Es nervt gewaltigt, dass die deutschen Medien bei jedem Zwischenstandbericht oder Interview nach einem Haar in der Suppe suchen. Wenn Schröder es warm und gemütlich bei Putin hat, so haben die detschen Medien und leider auch die taz bei den Amerikanern.

  • Nun, Schröder ist raus aus der Politik, zumindest aus dem engeren Feld, das wir nun als Politik zu bezeichnen pflegen. Wäre es nicht sehr viel interessanter, offenzulegen, warum auch die aktuell in der Politik "Dienenden" zum Völkermord an den Tscherkessen schweigen, und warum dieses Thema bis vor kurzem (in Tagen und Wochen zu messen) in der deutschen Öffentlichkeit noch regelrecht zensiert und repressiert wurde? Mich würde auch interesseren, warum auch die TAZ in ihrer Berichterstattung zum Tscherkessen-Thema immer noch so zurückhaltend ist. Was behindert Sie? Und warum haben Sie einen Rückzieher gemacht, als es darum ging, die jahrelangen Behinderungen und Repressionen aufzudecken, die ich als einzige deutsche Wissenschaftlerin, die direkt zu diesem Thema arbeitet, erfahren habe?

    • E
      Einfachgestrickt
      @Irma Kreiten:

      Na weil die Cherkessen eigene autonome Republik Karachay-Cherkessia in Ru haben. Ist das der deutschen Wissenschaft nicht bekannt? Nichts neues im Westen.

      • @Einfachgestrickt:

        Name ist Omen. Warum informieren Sie sich nicht einfach mal, vielleicht bekommen Sie dann ja auch eine halbwegs zum Thema passende Replik hin.