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Kommentar Gedenken in RostockDeutschland schaut weg

Daniel Bax
Kommentar von Daniel Bax

Joachim Gauck forderte beim Gedenken in Rostock, das Pogrom „immer wieder zu betrachten“. Doch ARD und ZDF zogen es vor, das Ereignis großzügig zu übergehen.

S chön wär’s. Mit Verve hat Joachim Gauck am Sonntag in Rostock-Lichtenhagen von der Verpflichtung gesprochen, die Krawalle von vor zwanzig Jahren nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, sondern sie „immer wieder zu betrachten, zu analysieren, um aus den Fehlern und Versäumnissen von damals zu lernen“. Fragt sich, an wen er dabei gedacht hat.

An den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten ging sein Appell jedenfalls vorbei. Denn ARD und ZDF zogen es mehrheitlich vor, das Gedenken an das Pogrom von Rostock-Lichtenhagen großzügig zu übergehen. Hätte der Spartensender Phoenix dem Anlass nicht vor ein paar Tagen einen ganzen Themenabend gewidmet – der Totalausfall wäre komplett gewesen.

Den meisten öffentlich-rechtlichen Sendern hingegen war das Thema keinen eigenen Sendeplatz wert. Nicht mal der Norddeutsche Rundfunk hielt es für nötig, auch nur die Sonntagsrede des Bundespräsidenten zu übertragen. Und Günther Jauch wollte an diesem Tag lieber mit der konservativen Publizistin Gertrud Höhler über deren Brass auf Angela Merkel plaudern, als Lehren aus Rostock-Lichtenhagen zu ziehen.

taz
DANIEL BAX

ist Redakteur im Inlandsressort der taz.

Schlimm ist, dass er damit die wichtigste Polit-Talkshow im deutschen Fernsehen mal wieder zur schnöden Werbeplattform für ein peinliches Krawall-Buch degradierte. Schlimmer ist, dass damit mal wieder eine Gelegenheit verpasst wurde, über rassistisches Denken und Handeln in Deutschland zu sprechen.

Der Bundespräsident hat in Rostock über die „Angst vor dem Fremden“ gesprochen, die sich bei manchen bis zum Hass steigern könne, und darüber, warum solche Gefühle in Ostdeutschland besonders verbreitet sind. Das Wort Rassismus vermied er, und über die berechtigten Ängste und die Wut – etwa von Migranten – verlor er, wie die öffentlich-rechtlichen Medien, dagegen kaum ein Wort.

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Daniel Bax
Redakteur
Daniel Bax ist Redakteur im Regieressort der taz. Er schreibt über Politik und Popkultur – inbesondere über die deutsche Innen- und Außenpolitik, die Migrations- und Kulturpolitik sowie über Nahost-Debatten und andere Kulturkämpfe, Muslime und andere Minderheiten sowie über die Linkspartei und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW). 2015 erschien sein Buch “Angst ums Abendland” über antimuslimischen Rassismus. 2018 folgte das Buch “Die Volksverführer. Warum Rechtspopulisten so erfolgreich sind.”
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15 Kommentare

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  • V
    Video

    Zwei Mitgliedern des deutsch-afrikanischen Freundeskreises Daraja e. V. wurde der Einlass zur Gedenkveranstaltung der rassistischen Pogromen von vor 20 Jahren verwehrt - trotz offizieller Einladung und ohne Begründung.

     

    Am Sonntag, dem 26. August 2012 wurde in Rostock-Lichtenhagen den rassistischen Pogromen von vor 20 Jahren gedacht. Zwei Mitglieder des deutsch-afrikanischen Freundeskreises Daraja e. V. hatten eine offizielle Einladung vom Oberbürgermeister der Stadt bekommen, unter Ihnen auch Vorstandsmitglied Marouf Ali Yarou Issah. Bereits eine halbe Stunde vor Veranstaltungsbeginn fanden sie sich mit ihrer Einladung am Einlass ein. Dort verwehrte ihnen der Sicherheitsbeamte, nach Rücksprache mit den Veranstaltern, den Eintritt. Eine Begründung hierfür bekamen sie nicht. Laut Kombinat Fortschritt konnten "nach der Abweisung [...] offenbar weitere Geladene die Schleuse passieren."

     

    Hier der Video-Link:

     

    http://www.youtube.com/watch?v=5EYtYwUOOqo&list=UUdjY2GULPQp0L1YdJZOD3-Q&index=1&feature=plcp

  • PR
    Paul Radek

    den ndr interessierte auch nicht, dass zwei geladene gäste offenbar aufgrund ihrer hautfarbe der zutritt zu der veranstaltung verwehrt wurde - trotz offizieller einladung vom oberbürgermeister und ohne begründung.

     

    http://youtu.be/5EYtYwUOOqo

     

    vllt. fragen sie mal bei den beiden bzw. der opferberatung rostock nach. dem ndr wurde von der geschichte erzählt, aber dem redakteur war die sache nicht stichhaltig genug. aussage gegen aussage oder so... schön der betroffenen person erzählen, wann er/sie etwas als rassistisch zu deuten hat und wann nicht.

  • L
    Lars

    Wer sich dafür interessiert, konnte sich das Ganze auf Phoenix anschauen, dazu braucht es keine Übertragung auf mehreren Sendern. Dem Autor schwebt wohl eine Zwangsgedächtniskultur vor, damit ist aber niemandem geholfen. Überhaupt ist dieser Jahrestagsgedächtniskram nur ein sinnloses Feigenblättchen, das der Selbstbestätigung der Selbstgerechten dient - nicht aber dem Kampf geen Xenophobie und Rassismus.

  • L
    Lobo

    Nutzloses Gelaber! Da kann sich kein Mensch was von kaufen, außer Gauck selbst. Die Blender- Republik, die ihre Hausaufgaben nicht kann, braucht ein Ersatz-Kaiserlein um zu beschwichtigen. Prinzipiell wäre es also so, dass man zu einem Totgfahrenen sagt, du darfst nicht über die Straße gehen, weil man sich die Verkehrsampel gespart hat. Der Deutsche ist kein Rassist-, die Politik ist schlecht. Als die Gastarbeiter hier rüberkamen, hat man da von Übergriffen gehört? Übergriffe mehren sich nur wenn es großen Teilen der eingeborenen Bevölkerung mehrend schlechter geht. Man weiß, dass da etwas auf uns zu kommt,und anstatt diesen Hasardeuren des Großkapitals,Anstand beizubringen, will man lieber die Bundeswehr im Inneren einsetzen. Was für ein gekauftes Pack!

  • D
    daweed

    "und über die berechtigten Ängste und die Wut – etwa von Migranten – verlor er, wie die öffentlich-rechtlichen Medien, dagegen kaum ein Wort."

     

    "berechtigte Ängste"????

     

    gehts noch?

     

    Vorurteile und Nichtwissen gibts ja garnicht, wenn man von Migranten spricht. OMG

  • HM
    Hein Mück

    Sind wir doch einmal ehrlich: Es ist nun mal ekelerregend, lästig, unangenehm, kraftraubend und nervend sich mit den ideologischen Exkrementen einer antihumanen Geisteshaltung zu beschäftigen. Mir hängen die Nazis zum Hals raus.

  • V
    vic

    Gauck hat auch nur seine Pflicht getan. Tief drin ist ihm das ganze sehr egal.

    Eine deutsche Eiche pflanzen- das war`s dann schon. Nicht zu fassen.

  • RA
    ralf ansorge

    den ndr muß ich da mal in schutz nehmen ,der zeigte schon einige tage zuvor einen gut recherchierten film über die damaligen ereignisse

  • MG
    Maik G.

    Die ÖR - das bestätigt mal wieder, dass die Rundfunkgebühren sinnvoll investiert werden!

     

    Aber mal im Ernst, wie wärs mit Taten und tatsächlichem Lernen aus der Vergangenheit anstatt immer wieder hin zu blicken und keine Konsequenzen zu ziehen? Ich kann jedes Jahr zurück blicken und mir vor Augen rufen, wie schlimm es "damals" war - aber das hilft einfach nicht. Man muss einfach aus der Vergangenheit lernen.

  • C
    Carsten

    Bei der ganzen Mythologisierung der widerwärtigen Vorgänge in Rostock wird heute immer vergessen, dass die Zustände nicht nur für die Asylbewerber, sondern auch für die Anwohner unerträglich waren. Die Politik hat hier ein Gesellschaftsexperiment veranstaltet, dass explodiert ist. Die damaligen ausländischen Presseberichte (französische und britische) haben das übrigens - im Gegensatz zu deutschen Medien - sehr ausgewogen berichtet.

  • FK
    Fred Kirchheimer

    Wen interessieren ARD und ZDF? Was die ggf. zu wenig berichtet haben, ist doch durch die intensive Beschäftigung mit dem Thema durch die taz während der ganzen Woche voll ausgeglichen worden.

    Die Leute, die sich mit den Ereignissen in Rostock beschäftigen wollten, haben dazu genügend lesen kennen.

     

    Andererseits, was soll eigentlich diese Manie, daß Themen gerade dann wieder von allen Leuten intensiv aufgenommen werden müssen, nur weil es einen runden Jahrestag gibt? Was hat die taz vor einem Jahr darüber berichtet? War das Thema vor einem Jahr, oder zwei Jahren usw. nicht genauso wichtig?

     

    Ich habe ein Problem mit einer Empörung die sich an Jahrestagen orientiert. Ist mir dann zu willkürlich.

  • K
    Katze

    so siehts aus:

     

    "Am Rande dieser offiziellen Veranstaltung mit dem neu ernannten Ehrenbürger scheint sich jedoch die Kontinuität der Fratze des Rostocker Erinnerungsdiskurses gezeigt zu haben. Zwei Mitglieder des deutsch-afrikanischen Freundeskreises Daraja e. V., unter ihnen das Vorstandsmitglied Marouf Ali Yarou Issah, hatten sich bereits vor Wochen für die Gedenkveranstaltung mit Joachim Gauck angemeldet – zunächst auch mit Erfolg. Über eine halbe Stunde vor Veranstaltungsbeginn fanden sie sich mit ihrer Einladung auf dem Gelände ein. Doch bereits am Einlass wurde der Zutritt zum Festakt hinausgezögert. Zunächst kein ungewöhnliches Unterfangen bedenkt man die hohen Sicherheitsvorkehrungen, die für die Anreise des Bundespräsidenten getroffen werden. Doch nachdem die Sicherheitsbeamten mit den Veranstaltern Rücksprache hielten, wurde den geladenen Gästen plötzlich mitgeteilt, dass sie auf der Veranstaltung nicht erwünscht seien, genauere Begründungen für dieses Vorgehen blieben jedoch aus. Auch auf explizit gestellte Nachfragen erhielten die ausgeladenen Gäste keine Auskunft, nur eine scheinheilige Begründung, dass sie auf dem Gelände wohl zu spät eingetroffen seien. Eine Farce, denn auch nach der Abweisung konnten offenbar weitere Geladene die Schleuse passieren."

     

    http://kombinat-fortschritt.com/2012/08/26/unsere-heimat-kommt-nicht-in-braune-hande/#more-3630

  • HL
    helle Leuchte

    Schön mal in der Taz einen vernünftigen Artikel zu lesen :)

    Richtig das Problem heißt RASSISMUS!

     

    @Bernd:kein plan, unwichtige Personen werden aus dem Gedächnis gelöscht ;)

  • BG
    Bernd Goldammer

    Jauch? Wer ist das?

  • D
    Dylan

    Die einzige klare, vorbildliche Stellungnahme bei den

    Öffentlich-Rechtlichen lieferte (mal wieder) Anja Reschke in ihrem Kommentar bei den Tagesthemen.

     

    Ein Großteil der möglichen Zuschauer hatte da aber sicher schon den Kanal gewechselt oder ausgeschaltet, in Anbetracht der Jauchschen Personality-Show.