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Kommentar FußballrechteEin Kartell für Klinsmann

Kommentar von Thomas Winkler

Die Kartellamtsentscheidung hinterlässt viele Verlierer. Wirklich jubeln kann eigentlich nur einer - der deutsche Fußball. Denn der darf nun endlich modern werden!

Wenn eine Entscheidung fällt im Sport, dann gibt es nur einen Gewinner. Und ganze viele Gescheiterte. Das gilt auch für die Entscheidung, die das Bundeskartellamt gestern gefällt hat. Der Finanzierungsplan, den der Fernsehrechtehändler Leo Kirch und die Herren von der Deutschen Fußball-Liga (DFL) zur gegenseitigen Geldvermehrung ausbaldowert hatten, ist nun Makulatur.

Der größte Verlierer ist natürlich Kirch, dessen Rückkehr ins Mediengeschäft gescheitert ist. Aber auch die DFL muss ein alternatives Finanzierungsmodell finden, das so kurzfristig kaum die avisierten 500 Millionen Euro jährlich einbringen wird. Und selbst die ARD, vermeintlicher Profiteur der Entscheidung, kann sich nicht sicher sein, dass der vom Kartellamt geforderte Bundesligafußball im Free-TV von ihrer "Sportschau" gesendet wird.

Hat nun wenigstens der Fußballfan etwas gewonnen? Der, zuletzt arg gebeutelt in der schönen neuen Fußballwelt von steigenden Eintrittspreisen, Sitzplatzzwang und Spieltagzersplitterung, atmet erleichtert auf: wenigstens noch Umsonst-Fußball in der Glotze. Doch zu kurz gedacht, argumentiert die Liga: Den Vereinen fehlen nun die Millionen, die Riberys zu verpflichten, um das Produkt Fußball erst richtig attraktiv zu machen.

Aus dieser Not allerdings könnte eine Tugend werden. Wer nicht um Stars konkurrieren kann, muss an Taktik und Training arbeiten. Auf dem Platzt hat der Heldenfußball, wie er in den verkürzenden Zusammenfassungen einer "Sportschau" gefeiert wird, längst ausgedient. Die englischen Klubs dominieren die Champions League nicht nur, weil sie sich beste Spieler leisten können, sondern weil sie mit ausländischen Trainern das Know-how importiert haben, um modernen Systemfußball zu spielen. Ein Trend, der seit dem Bundestrainer Klinsmann langsam auch in der Bundesliga ankommt. Wenn also die Bundesliga aus Geldmangel gezwungen wird, diese Entwicklung weiter zu verfolgen, findet die Entscheidung des Kartellamts womöglich doch noch einen Gewinner: den deutschen Fußball, der endlich modern werden darf. THOMAS WINKLER

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