Kommentar Friedensbewegung: Zum Glück wieder solo
Die Friedensbewegung hat versucht, sich mit neurechten Mahnwachlern jung zu halten. Nun hat sie endlich erkannt, wie schädlich das war.
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M it dem Älterwerden ist es so eine Sache: Nicht jeder mag sich mit den Begleiterscheinungen abfinden, manche versuchen, sie mit zweifelhaften Mitteln aufzuhalten – und machen die Sache damit nur schlimmer. Zum Beispiel die Friedensbewegung.
Im Herbst bändelte sie mit den sogenannten Montagsmahnwachen an. Mit ihrem neuen, deutlich jüngeren Partner hoffte sie, wieder an ihre Hochzeit in den achtziger Jahren anknüpfen zu können. Doch nachdem die erste Euphorie verflogen war, kam der gemeinsame Friedenswinter und mit ihm die Erkenntnis, dass sich die traditionellen Antikriegsorganisationen mit den neurechten Mahnwachlern überaus reaktionäres Gedankengut ins Haus geholt hatten – und nun älter aussahen als je zuvor. Der Streit war heftig, am Ende trennte man sich, noch bevor der Frühling kam.
Jetzt zeigt sich die Friedensbewegung wieder solo: Am Mittwoch protestierte sie in Berlin gegen den von der Air Force Base in Ramstein aus dirigierten US-Drohnenkrieg. Die etablierten Friedens- und Bürgerrechtsorganisationen waren wieder unter sich. Aber das gewissermaßen in Würde. Und mit einem Thema, das aktueller und stärker nach vorn weisend kaum sein könnte.
Die Bundesregierung steht wegen der zweifelhaften Geheimdienstkooperationen zwischen dem BND und den Amerikanern innen- wie außenpolitisch unter Druck, der vermeintlich aseptische Antiterrorkampf per Drohne hat nur wenige Freunde. Ob Berlin gezwungen werden kann, den USA die Erlaubnis für ihren Exekutionsfeldzug von deutschem Boden aus zu entziehen, ist offen. Mit Verschwörungstheoretikern, „Reichsbürgern“ und Antisemiten aber braucht sich die alte Friedensbewegung deshalb nicht einzulassen. Erfreulich, dass sie das selbst auch nicht mehr zu glauben scheint.
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