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Kommentar Fridays For FutureFür die Zukunft reserviert

Kommentar von Claus Leggewie

Damit der Effekt der Klimaproteste nicht verpufft, muss weitergestreikt werden. Gefragt sind mutige Schulleiter, die neue Lernformen erproben.

Was bringt Schule, wenn man ohnehin keine Zukunft hat? Foto: dpa

D ie Schüler, die freitags demonstrieren und als „Schulschwänzer“ bezeichnet werden, fragen, was sie denn in der Schule lernen sollen, wenn sie ohnehin keine Zukunft haben. Und sie haben recht: ungebremster Klimawandel würde die Erde irgendwann so unbewohnbar machen wie den Mond, und eine zweite haben wir nicht. Ohne unentschuldigtes Fernbleiben vom Unterricht hätte Fridays for Future nicht gezündet. So viel ziviler Ungehorsam muss sein, damit Protest gegen eine viel zu lahme Klimapolitik wirkt. Und er hat ja mächtig reingehauen.

Und jetzt? Nach den Ferien werden die Schüler wieder ans Abi denken. Doch wenn der Druck nachlässt, verpufft die Chance, die aufgeflammte Protestbewegung in praktische Arbeit für den Klimaschutz umzumünzen. Der erfordert ja nicht nur Verhaltensänderungen bei Einzelnen, wie Greta Thunberg sie anmahnt und praktiziert, sondern auch die Veränderung von Institutionen.

Dazu gehören wesentlich die Schulen. Sie sollen auf das Leben vorbereiten, vermitteln aber kaum noch den Lernstoff und die Sozialtechniken für die Welt von morgen. Es wäre schade, wenn die Schüler auf die Schulbänke zurückkehren und alles weiterginge wie bisher.

Gefragt sind also mutige Schulleiter, die Freitage ausdrücklich zum Lernen für die Zukunft reservieren und neue Lernformen erproben, die einen Beitrag zum lokalen und globalen Klima- und Umweltschutz leisten. Und Kultusministerien, die darin eine Chance zu einem im besten Sinne polytechnischen Lernen erkennen, das nicht nur Wissen über Kohlenstoffdioxid vermittelt, sondern auch die komplexen Herausforderungen der Nachhaltigkeit bearbeitet. Klimawandel – auch an den Schulen!

Zu wünschen wäre ein Runder Tisch, an dem sich Lehrer, Schüler, Verantwortliche für den Klimaschutz in Stadt und Land, Vertreter von Handel und Industrie sowie Hochschulen zusammensetzen, um „Klima-Labs“ einzurichten, in denen noch viele Freitage für die Zukunft stattfinden können. Wer macht den Anfang?

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13 Kommentare

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  • Ich nehme an, Claus Leggewie (Jg. 1950) bezieht sich auf den Titel des Romans von Gerhard Zwerenz (Mirwirkung R.W. Fassbinder) "Die Erde ist unbewohnbar wie der Mond" (1973) und meint das hier wie seinerzeit Zwerenz metaphorisch. Und da sollte man vielleicht nicht die naturwissenschaftliche Messlatte anlegen. Ohne den Kontext klingt das allerdings nach Alarmismus, und der ist für die Sache eher schädlich. Andererseits: Nach Berechnungen von Winkelmann et al. Sci. Adv. 2015;10.1126/sciadv.150058 würde bei Verbrennung aller Reserven fossiler Rohstoffe die Antarktis innerhalb der nächsten 10.000 Jahre fast vollständig abschmelzen und allein einen Meeresspiegelanstieg von ca. 50 m hervorrufen. Die Brennstoffreserven wären bereits nach 500 Jahren verbraucht. Aber 1. verbleibt das emittierte Kohlendioxid auch Jahrtausende danach noch teilweise in der Atmosphäre und 2. reagiert das Klimasystem auf den höheren CO2-Gehalt aufgrund der Trägheit des Ozens sehr verzögert. Als die Erde vor mehr als 35 Mio. Jahren noch eisfrei war und der Meeresspiegel entsprechend 70 m höher als heute, lag der CO2-Gehalt nur wenig über 500 ppm. Das werden wir bei aktuell 410 ppm spielend erreichen.

  • Was sind den die "Sozialtechniken" von Morgen?



    Wäre es nicht besser die Schüler würden Techniken lernen, wie man mit diesen Änderungen umgeht?



    Ingenieure die Hochwasserschutz entwickeln, Meerwasserentsalzung, klimanalagen, Energieerzeugung?

  • "ungebremster Klimawandel würde die Erde irgendwann so unbewohnbar machen wie den Mond"

    Vielleicht sollte die taz drauf achten, dass zum Thema "Klima" nur Leute schreiben, die irgendwie zumindest naturwissenschaftliches Grundwissen besitzen. Sonst bekommen wir solche "Perlen"...

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @agerwiese:

      Ach.

      Und das setzen wir in welchen Bereichen um?

      Über Bundeswehr und andere Armeen schreiben nur Soldaten,

      über das Gesundheitswesen nur Ärzte (oder Gesunde),

      über Kriminalität nur Kriminelle ...?

      Ein Problem gäbe es freilich bei der Berichterstattung zum Tode von Herrn Lübcke. Legen Sie da Schaltungen ins Jenseits?

      Beim längeren Nachdenken kommt mir eine Idee: am Besten schreibt zukünftig nur jeder über sich selbst. Und Widerspruch schenken wir uns. ^^

      • @76530 (Profil gelöscht):

        Ich habe absolut nichts dagegen, dass sozusagen Laien zu bestimmten Themen schreiben. Sie sollten allerdings mit dem Thema einigermaßen vertraut sein oder sich vertraut machen.



        Ihr Widerspruch zeigt allerdings, dass auch Sie anscheinend den Ausmaß von Ignoranz in der Aussage von Herrn Leggewie nicht erkennen.

        • 7G
          76530 (Profil gelöscht)
          @agerwiese:

          Offenbar. Auch nach nochmaligem Lesen.

          Sieht ganz so aus, als lägen wir in unserer Wahrnehmung auseinander. Was werfen Sie denn Herr Leggewie vor? Fehlende Faktenkenntnis? Übertreibung?

          Ich würde Herrn Leggewie beides verzeihen. Das hat wohl damit zu tun, dass ich die Dramatik bei der Bewältigung der Herkulesaufgabe mit L. teile. Alles andere ist da für mich, der ich mich - mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg - um Sachlichkeit bemühe, absolut nachrangig.

          Mein Eindruck - trotz ausgeprägter Debattierfreude: in dieser Frage gibt es nicht mehr viel zu besprechen. Da geht es um Handeln. SOFORT.

          • @76530 (Profil gelöscht):

            "Sieht ganz so aus, als lägen wir in unserer Wahrnehmung auseinander."

            Mitnichten. Sie nehmen halt bestimmte Sachen gar nicht wahr, weil Ihnen, genauso wie auch dem Herrn Leggewie, einfach das Wissen fehlt.

        • @agerwiese:

          Habe den Artikel gerade gelesen.



          Wo erkennen Sie denn Ignoranz ?



          Die Aussage ".....ungebremster Klimawandel würde die Erde irgendwann so unbewohnbar machen wie den Mond....." ist eine lediglich sehr allgemeine überspitzte Aussage und in sich deshalb nicht falsch. Das Potsdaminstitut für Klimaforschung prognostiziert einen Meeresanstig bis zu 60 m wenn der Kipppunkt von 1,5° überschritten wird ( der genaue Zeitpunkt ist nicht festgelegt, 1000 Jahre können da schon vergehen )



          60 m wären ziemlich sicher das Ende der Menschheit.

  • "Ungebremste Klimawandel würde die Erde so unbewohnbar machen wie den Mond" ist doch Unsinn. Das entwertet die richtige Botschaft. Um die antropogene Klimaerwärmung weit über 5 Grad Celsius hinaus zu treiben, fehlen uns schlicht die Rohstoffe, beim Erdöl haben wir schon die Hälfte verbraucht und bei Kohle ist zumindest die hochwertige Anthrazitkohle überwiegend verheizt. Es würden also voraussichtlich auch im Worst-Case-Szenario Menschen das Inferno überleben. Das ändert jedoch nichts daran, dass es zu einem Massenartensterben wie an der Perm-Trias-Grenze kommen würde, und in einem Klima, ähnlich wie dem in der Eem-Zeit, wahrscheinlich Millionen von Menschen in Kriegen und Bürgerkriegen um die nich verbliebenen Ressourcen ihr Leben lassen müssten. Das ist doch schon schlimm genug, warum sollte man dann noch mit einer Mondlandschaft drohen?

    • @hedele:

      Die Folgen der Verbrennung der verfügbaren fossilen REserven sind 2015 von Winkelmann et al. (Combustion of available fossil fuel resources sufficient to eliminate the Antarctic Ice Sheet. Sci. Adv. 1, e1500589) berechnet worden. Sie belaufen sich auf 10.000 GtC und würden wahrscheinlich in den nächsten 500 Jahren verbraucht sein. Die Folgen zeigen sich z.T. stark verzögert: CO2-Konzntration nach 500 Jahren 4000 ppm (heute 410 ppm), globale Mitteltemperatur nach 500 Jahren +11 °C, nach 8000 Jahren immer noch +8 °C, Meeresspiegel nach 8000 Jahren +50 m.

    • @hedele:

      Sie vergessen das Methan, das aus den auftauenden Permafrostböden und sich erwärmenden Gewässern aufsteigt.

  • 👍

    Guter Artikel ...

    Gut so , weiter so !..

    Betr.: Wer macht den Anfang ?

    AW : DU ( & ich ) !..

    Wenn nich wir , wer dann ? Wenn nich Jetzt , wann denn ?

    www.youtube.com/watch?v=unh6hPQdQjI