Kommentar Fridays For Future: Für die Zukunft reserviert
Damit der Effekt der Klimaproteste nicht verpufft, muss weitergestreikt werden. Gefragt sind mutige Schulleiter, die neue Lernformen erproben.
D ie Schüler, die freitags demonstrieren und als „Schulschwänzer“ bezeichnet werden, fragen, was sie denn in der Schule lernen sollen, wenn sie ohnehin keine Zukunft haben. Und sie haben recht: ungebremster Klimawandel würde die Erde irgendwann so unbewohnbar machen wie den Mond, und eine zweite haben wir nicht. Ohne unentschuldigtes Fernbleiben vom Unterricht hätte Fridays for Future nicht gezündet. So viel ziviler Ungehorsam muss sein, damit Protest gegen eine viel zu lahme Klimapolitik wirkt. Und er hat ja mächtig reingehauen.
Und jetzt? Nach den Ferien werden die Schüler wieder ans Abi denken. Doch wenn der Druck nachlässt, verpufft die Chance, die aufgeflammte Protestbewegung in praktische Arbeit für den Klimaschutz umzumünzen. Der erfordert ja nicht nur Verhaltensänderungen bei Einzelnen, wie Greta Thunberg sie anmahnt und praktiziert, sondern auch die Veränderung von Institutionen.
Dazu gehören wesentlich die Schulen. Sie sollen auf das Leben vorbereiten, vermitteln aber kaum noch den Lernstoff und die Sozialtechniken für die Welt von morgen. Es wäre schade, wenn die Schüler auf die Schulbänke zurückkehren und alles weiterginge wie bisher.
Gefragt sind also mutige Schulleiter, die Freitage ausdrücklich zum Lernen für die Zukunft reservieren und neue Lernformen erproben, die einen Beitrag zum lokalen und globalen Klima- und Umweltschutz leisten. Und Kultusministerien, die darin eine Chance zu einem im besten Sinne polytechnischen Lernen erkennen, das nicht nur Wissen über Kohlenstoffdioxid vermittelt, sondern auch die komplexen Herausforderungen der Nachhaltigkeit bearbeitet. Klimawandel – auch an den Schulen!
Zu wünschen wäre ein Runder Tisch, an dem sich Lehrer, Schüler, Verantwortliche für den Klimaschutz in Stadt und Land, Vertreter von Handel und Industrie sowie Hochschulen zusammensetzen, um „Klima-Labs“ einzurichten, in denen noch viele Freitage für die Zukunft stattfinden können. Wer macht den Anfang?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Donald Trump wählt seine Mannschaft
Das Kabinett des Grauens
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels