Kommentar Freihandelsabkommen: TTIP-Befürworter unter Druck
Die Akzeptanz für das Freihandelsabkommen TTIP schwindet. Wahrscheinlich wird es nur eine abgespeckte Version geben.
D en Befürwortern des Freihandelsabkommens TTIP wird unbehaglich. Sie sehen die Akzeptanz für ihr Projekt schwinden. Regierung und Industrieverbände wollen deshalb mit einer breiten Kampagne für den geplanten Wirtschaftspakt werben. So reagieren sie auf die Viertelmillion Menschen, die am Wochenende in Berlin gegen TTIP protestiert haben.
Dort ist sichtbar geworden, was sich seit Langem in unzähligen Kneipen, Gewerkschaftshäusern und Theatern an Widerstand gebildet hat. Und die Protestbewegung gegen TTIP hat noch lange nicht ihren Höhenpunkt erreicht.
Mit neuen Hochglanzbroschüren zum Freihandel werden Bundesregierung und Industrie ihr gewiss nicht den Wind aus den Segeln nehmen. Denn bei den Protesten geht es nicht nur um die Angst vor geheimen Schiedsgerichten für Konzerne und vor schlechteren Nahrungsmittelstandards.
Viele Menschen haben es satt, dass von der Abfallentsorgung über die Kliniken bis zum Wasserwerk alles Denkbare privatisiert wird. Nicht nur Linke sind gegen die Privatisierung von Einrichtungen der Daseinsvorsorge, viele Konservative lehnen das ebenso ab und halten die erfolgten Verkäufe für große Fehler.
So kommt es, dass vor der Siegessäule junge Linksradikale, Biobauern und Globalisierungskritiker gemeinsam mit CSU-Kommunalpolitikern, Kulturschaffenden und den IG-Metallern von Daimler demonstrieren. Sie sind kategorisch gegen ein Abkommen, das eine neoliberale Wirtschaftspolitik für alle Zeiten festschreiben will, der Profit von Konzernen wichtiger ist als öffentliche Daseinsvorsorge.
Dass TTIP in der geplanten Dimension tatsächlich kommen wird, ist unwahrscheinlich – aber nicht wegen der breiten Proteste, sondern weil die Widerstände in den USA zu groß sind.
Wahrscheinlich wird es eine abgespeckte Variante geben, die Regierungen und Industrie den Kritikern als Kompromiss verkaufen – die aber am Liberalisierungskurs festhalten wird. Hoffentlich wird das jetzige breite Bündnis der Gegner auch gegen TTIP light fortbestehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
James Bond
Schluss mit Empfindsamkeit und Selbstzweifeln!
Nachhaltige Elektronik
Ein blauer Engel für die faire Maus