Kommentar Fraktionsdisziplin: Kauder, die Peitsche
Volker Kauder hat CDU/CSU-AbweichlerInnen gedroht. Die Unions-Fraktionsführung sollte lieber argumentieren als Disziplin einfordern.
I m englischen und im amerikanischen Parlamentssystem nennt man einen wie Volker Kauder „The Whip“. Der Einpeitscher sorgt dafür, dass Abgeordnete gemäß der von der Fraktionsspitze vorgegebenen Linie abstimmen. Genau das aber haben rund sechzig Unionsabgeordnete zuletzt nicht getan, als das Parlament im Juli über ein Maßnahmenpaket für Griechenland abzustimmen hatte.
Gemessen an diesem Ergebnis war Fraktionschef Volker Kauder kein guter Whip. Wohl auch deshalb hat er jetzt die Gerte gegen die Peitsche getauscht. Abweichlern droht er per Zeitungsinterview unverhohlen damit, sie künftig bei Karriereentscheidungen außen vor zu lassen: „Die mit Nein gestimmt haben, können nicht in Ausschüssen bleiben, in denen es darauf ankommt, die Mehrheit zu behalten.“
Das klingt nach Meinungsdiktatur. Doch bezogen auf das Politikverständnis der konservativen Regierenden in diesem Land ist sein Drohen stimmig. Als Fraktionsvorsitzender kann Volker Kauder nicht dulden, dass es in den Reihen der Union Mode wird, gegen die Führung zu stimmen. Ein wenig Rebellenaura nützt bei der Wählerpflege – dieser Effekt konnte zuletzt beim Innenausschussvorsitzenden Wolfgang Bosbach bestaunt werden. Der CDU-Politiker punktete mit schlichten Argumenten und dem Verweis auf sein Gewissen. Beim Publikum kam derlei blendend an.
Mit seiner Drohung versucht Kauder nun, eine Kausalität herzustellen zwischen politischer Imagepflege und langfristiger Karriereplanung. Und er will – er muss – verhindern, dass Angela Merkel Schaden nimmt. Schon bald wird der Bundestag dem dritten Griechenland-Hilfspaket zustimmen müssen. Eine sichtbar bröckelnde Unionsfraktion würde die Kanzlerin schwächen.
Dennoch ist Kauders Whip-Auftritt gefährlich. Druck erzeugt Gehorsam, ja. Aber auch Gegendruck. Gerade beim Thema Griechenland dürfen sich Unions-Rebellen der Unterstützung ihrer WählerInnen sicher sein. Die Fraktionsführung kann jetzt schon mal anfangen, gute Argumente für die kommende Abstimmung zu kommunizieren.
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