Kommentar Folgen „Sandy“ für Haiti: Katastrophen als Türöffner
Drei Jahre nach dem Erdbeben beweist „Sandy“: Für 80 Prozent der Haitianer hat sich nichts verändert. Die Gewinner der Misere sind Investoren und Haitis Reiche.
H aiti-Experten warnen schon seit langem, jede weitere Naturkatastrophe werde die „humanitäre Situation“ des Landes verschärfen. Nichts – oder wenig – ist passiert.
Haiti lebt schon seit Jahrzehnten am Rande einer humanitären Katastrophe. Politische Gewalt, Erdbeben, Cholera und Armut. Billige Lebensmittel gibt es schon lange nicht mehr. Die Preise für Grundnahrungsmittel wie Reis und Bohnen sind durch die Billigimporte aus den USA ins Bodenlose gesunken, der Eigenanbau lohnt sich nicht mehr.
Nach dem Erdbeben vom 12. Januar 2010 sollte alles besser werden. Zehn Milliarden Dollar sollten den Wiederaufbau sichern. Einfache Häuser für Obdachlose sollten gebaut, die Infrastruktur des Landes verbessert, Arbeitsplätze geschaffen werden. Drei Jahre danach beweist der Wirbelsturm „Sandy“: Viel wurde getan, aber nichts hat sich geändert für 80 Prozent der Bevölkerung. Die Kriegsgewinnler der haitianischen Misere sind ausländische Unternehmen und Investoren – und Haitis schon immer Reiche.
ist freier Autor der taz und lebt in der Dominikanischen Republik.
Die Regierung von „Kahlkopf“ Michel Martelly war angetreten, das Elend zu lindern, den Menschen neue Würde zu geben – de facto hat sie nur das Investitionsklima verbessert. Ausländische Firmen bauen Flughäfen, Straßen und Fabriken mit steuerfrei eingeführten Baumaschinen und Materialien. Haitis Arme hoffen derweil auf die Verwandten im Ausland, die ein paar Kröten anweisen, und auf ausländische Nichtregierungsorganisationen, die gegen bürokratische Hürden und Korruption in Haiti kämpfen müssen.
Nicht die konkrete Lebenssituation der Menschen steht auf Haitis Agenda, sondern die Öffnung der Märkte. Katastrophen sind dabei gern gesehene „Türöffner“.
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