Kommentar Fluggastdaten: Vor den USA eingeknickt
Grund- und Bürgerrechte sind den Abgeordneten des EU-Parlaments nicht wichtig genug. Strategische Absprachen gehen vor.
D ie Abgeordneten im Europäischen Parlament haben dem politischen Druck nicht standgehalten. Die konservative Mehrheit im zuständigen Innenausschuss hat dem umstrittenen Fluggastdaten-Abkommen mit den USA zugestimmt und damit dem Willen der Regierungschefs entsprochen – trotz erheblicher Bedenken, ob der Text die Daten der EU-Bürger ausreichend schützt. Das Parlament ist die letzte Institution, die das Abkommen noch stoppen kann, aber nun gilt die Zustimmung im Plenum als weitgehend sicher.
Für die EU-Bürger heißt das, dass sie sich nicht mehr auf die europäischen Datenschutzstandards verlassen können. Wer in die USA einreisen will, wird tatsächlich zum gläsernen Bürger und bekommt noch nicht einmal das Recht, sich dagegen zu wehren. Die US-Behörden dürfen noch mehr Daten noch länger speichern – und das nicht nur für den Kampf gegen Terrorismus, sondern auch für die Verfolgung von anderen schwerwiegenden Straftaten.
Wieder einmal sind die Europäer eingeknickt – zuerst die Mitgliedsstaaten und nun auch die Abgeordneten, die doch eigentlich die Interessen ihrer Wähler und nicht die der Fluggesellschaften oder des amerikanischen Geheimdienstes vertreten sollen. Das ist bedauerlich, nicht nur für den europäischen Datenschutz.
Die EU-Abgeordneten haben mit dieser Abstimmung auch die Chance verpasst, auf prominenter internationaler Bühne zu zeigen, dass ihnen Grund- und Bürgerrechte mehr bedeuten als Wirtschaftsinteressen oder strategische Absprachen zwischen den Regierungen. Brüssel, so scheint es, hat nicht den Mut, sich gegen die USA aufzulehnen. Glaubwürdig wird die EU-Politik so bestimmt nicht und das Vertrauen der Bürger in ihre Volksvertreter dürfte ein weiteres Mal einen gefährlichen Knacks bekommen haben.
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